Der Brücke-Weg in Moritzburg
Goldener Herbst in Moritzburg
Nördlich von Dresden liegt die Gemeinde Moritzburg, eine Kulturlandschaft, die zu Recht als solche bezeichnet wird. Selten ist eine solche Harmonie von Kultur, Kunst, Natur, Aktivitäten und auch Entspannung an einem Ort zu finden. So ist es völlig normal, dass die inmitten dieser idyllischen Wald- und Teichlandschaft liegende Ortschaft jährlich tausende Besucher empfangen darf.
Meist steht dabei das Schloss Moritzburg und sein Umfeld im Interessenschwerpunkt der Gäste. Andere Ziele, wie z. B. das Fasanenschlösschen, das Wildgehege, das Käthe-Kollwitz-Haus und auch saisonale Ereignisse wie die jährliche Hengstparade, das Wald- und Fischfest oder der Kunstsommer finden ebenso viele Interessenten und Liebhaber.
Auch ich habe in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten das Moritzburger Teichgebiet umfangreich besucht. Ausstellungen im Schloss und im Rüdenhof, in dem die Künstlerin Käthe Kollwitz (1867 – 1945) ihren letzten Aufenthaltsort hatte und am 22. April 1945 starb, ergänzten die oftmals durch Aktivitäten wie Wandern und Radfahren geprägten Ausflüge. Nun, im goldenen, sommerlichen Herbst 2022 zog es mich mal wieder nach Moritzburg und dessen Umgebung. Ich wollte den sogenannten Brücke-Weg ablaufen.
Barockes Moritzburg und expressive Malerei
Von 1542 bis 1546 wurde an dem Ort, wo sich heute das berühmte Schloss Moritzburg befindet, ein kurfürstliches Jagdhaus errichtet. Rund 200 Jahre später erfolgte der Umbau in seine barocke Form. Die Pläne dafür soll kein Geringerer, als der Oberlandbaumeister Matthäus Daniel Pöppelmann (1662 – 1736) erstellt haben. Der das Schloss einfassende Schlossteich wurde 1730 ausgehoben.
Und fast wieder 200 Jahre später, im Jahr 1905, gründeten in der nahen Residenzstadt Dresden vier junge Männer eine Künstlergruppe, der sie den Namen „Die Brücke“ gaben. Zu den Gründern zählten Ernst Ludwig Kirchner (1880 – 1938), Erich Heckel (1883 – 1970), Fritz Bleyl (1880 – 1966) und Karl Schmidt-Rottluff (1884 – 1976). Die expressionistische Bild- und Farbgebung war ihr Malstil. Später gesellten sich weitere Maler zu dieser Gruppe, so z.B. Max Pechstein (1881 – 1955), Otto Müller (1874 – 1930) und kurz Zeit auch Emil Nolde (1867 – 1956).
In den Anfangsjahren fanden die Künstler genügend Motive und Anregungen in der Stadt, am Elbufer und in den Landschaften des Elbtals. Später, konkret in den Sommermonaten der Jahre 1909 bis 1911, zog es einige in das nahe Moritzburg. Hier entstanden zahlreiche Landschaftsstudien, Zeichnungen und Malereien. Die Schlossinsel mit dem Schloss, das Fasanenschlösschen am Großteich und Häuser, Gassen und Wege von Moritzburg, was damals noch Eisenberg hieß, stellten die Hauptmotive.
Etwas anders verhielt es sich einige Kilometer entfernt am Dippelsdorfer Teich. Am im Jahr 1900 erbauten roten Badehaus (das „Rote Haus“) finden sich die „Brücke-Künstler“ vor allem zum Landschafts- und Aktstudium ein. Hier, mitten in der Natur, entstehen die Grundlagen für eine Vielzahl von Radierungen, Lithographien und Holzschnitten, die uns heute in Ausstellungen und in der Literatur begegnen.
Das Rote Haus von Friedewald
Bis Anfang der 1990er Jahre existierte an dieser Stelle ein öffentliches Freibad. Ich besuchte den Teich bis Ende der 1980er Jahre gelegentlich selbst. Das „Rote Haus“ war aber schon nicht mehr vorhanden. Weil die Wasserqualität zunehmend bedenklicher und der hygienische Zustand der Gesamtanlage immer schlechter wurde, stellte die Gemeinde Moritzburg den offiziellen Badebetrieb ein.
Passend zum Jubiläum „100 Jahre Künstlergruppe Brücke“ wurde ab dem Jahr 2000 das gesamte Gelände rekultiviert. Im ersten Schritt entstand 2005 als Nachbau des ehemaligen Badehauses ein neues „Rotes Haus“ am Dippelsdorfer Teich. Anfänglich war es sehr schwierig, das zum Ortsteil Friedewald gehörende Areal in das kulturelle Gesamtkonzept von Moritzburg zu integrieren. Inzwischen scheint das besser zu gelingen. Der jährlich in den Sommermonaten stattfindende Kunstsommer Moritzburg, zahlreiche Workshops und kleine Märkte ziehen viele Besucher zum Roten Haus.
Der Brücke-Weg
Über den sogenannten Brücke-Weg, der in zwei Abschnitte geteilt ist, können interessierte Gäste insgesamt 15 Stationen der einstigen Motive der expressionistischen Künstlergruppe erkunden. Die Gemeinde Moritzburg stellt dafür Unterstützung in Form einer Broschüre und eine App zur Verfügung. Die Einteilung in Nordtour (ca. 7 km lang) und Südtour (knapp 6 km) ist praktisch, erlaubt sie doch auch Besuchern, die nicht ganz so ausdauernd laufen wollen die Besichtigung der markanten Punkte und Objekte.
Es geht allerdings auch ohne diese Hilfsmittel, wie ich selbst getestet habe. Der Brücke-Weg hat eine eigene Wandermarkierung, die immer mit einer oder mehreren Stationsnummer(n) versehen ist. Am jeweiligen Ort angelangt, ermöglichen große Bilderrahmen einen Blick, wie ihn die Künstler gehabt haben könnten. Schautafeln mit Informationen zum ehemaligen Motiv und dem entstandenen Bild ergänzen den Eindruck.
Die Nordtour beginnt in Moritzburg am Schlossparkplatz mit Blick zum Schloss. Sie führt unter anderem zum Fasanenschlösschen und zum Großteich. Als Ausnahme gibt es an diesen Stellen (Blick 4 bis 6) keine Tafeln. Im Nebengebäude des Fasanenschlösschens sind aber Informationen zu den drei Bildpunkten bereitgestellt. Laut Information des Tourismusbüros, startet auch die Südtour am Schlossparkplatz mit den Schautafeln 1 und 2. Die Südtour setzt sich von dort über den Punkt 8 in Richtung Süden fort. Diese Runde verlässt die Ortschaft Moritzburg. Es geht raus in die Natur, zum Dippelsdorfer Teich und zum Roten Haus. Im Sommer könnte das Wasser des Teiches für etwas Abkühlung sorgen. Für den Rückweg nach Moritzburg ist die Nutzung der Lößnitzgrundbahn möglich. Ganz Aktive wandern wieder zu Fuß zurück. Wege und Markierungen stehen ausreichend zur Verfügung.