Erholsames Dresdner Elbufer

Unterwegs im ehemaligen Welterbegelände
Im Juli 2004 wurde in Dresden und Umgebung kräftig gejubelt. Über eine Länge von rund zwanzig Kilometern erhielt das Dresdner Elbtal den Titel „UNESCO-Welterbe“. Zu Recht riefen damals viele. Von Pillnitz bis Übigau gibt es viel Natur, Kultur, Kunst, Geschichte und Tradition. Das ist alles nicht nur historisch und wertvoll, sondern teilweise auch einzigartig. Mit der Auszeichnung ist nicht nur eine Ehrung verbunden, sondern erhebliche Veränderungen, die nicht dem Fortschritt dienen, sollen damit ausgeschlossen werden.
Fünf Jahre später waren all diese Gewissheiten nichts mehr wert. In Dresden wurde vorausschauend eine Brücke gebaut. Die prognostizierten Auslastungszahlen der neuen „Waldschlößchenbrücke“ waren damals nicht absolut überzeugend, aber wer weiß schon, ob diese Elbquerung für die große Stadt am Fluss vielleicht nicht mal hilfreich sein kann.

Der Titel von Welt war jedenfalls für das gesamte Gebiet futsch, die Stimmung mies. Für die zum nun ehemaligen Welterbe-Gebiet gehörenden Dorfkerne von Pillnitz bis Übigau, für Dinglingers Weinberg, die Elbschlösser, das Königsufer, die Brühlsche Terrasse in der Altstadt und für die beiden Elbuferbereiche ändert sich durch diese Entscheidung allerdings in den Folgejahren nicht viel. Sie haben bis heute die gleichen Eigenschaften, die Ihnen vor reichlich zwanzig Jahren mit der Auszeichnung zum „UNESCO-Welterbe“ bestätigt wurden. Noch immer kommen die Stadtbewohner und die Gäste der Stadt per Fuß, mit dem Rad, dem Dampfer und auch mit dem Auto, um sich an der Landschaft zu erfreuen.
Schlechte Brücken und eine gute Brücke
Doch dann, ganz unerwartet, im ehemaligen Welterbe-Gebiet Dresdner Elbtal passiert etwas, leider nichts Gutes. Mit dem Einsturz des Gleiskörpers der im Jahr 1971 fertig gestellten Carolabrücke (*) im September 2024 und der endgültigen Beseitigung des gesamten Brückenzuges Mitte 2025 hat die Landeshauptstadt plötzlich eine Elbbrücke weniger. Der innerstädtische und stadtnahe öffentliche Nahverkehr, die privaten Fahrzeugnutzer, Fußgänger und Radfahrer können aber zum Glück als Ausweichstrecke u.a. die viel gescholtene Waldschlößchenbrücke nahezu staufrei nutzen. Der Übeltäter für den Titelverlust von damals ist also der Teilretter von heute.
Hinzu kommt, dass auch die elbaufwärts die Stadtteile Blasewitz und Loschwitz verbindende Flussquerung, bekannt als Blaues Wunder, eine Dauerbaustelle mit offenem Ausgang über viele Jahre bleibt. Längere Sperrungen sind nicht ausgeschlossen, Umleitungen über die Waldschlößchenbrücke wahrscheinlich.
(*) Die erste Carolabrücke wurde im Juli 1895 der Bevölkerung zur Nutzung übergeben, bevor sie zum Kriegsende 1945 bis auf die Pfeiler zerstört wurde. Der moderne Neubau erhielt den Namen „Dr.-Rudolf-Friedrich-Brücke“, benannt nach dem ersten Dresdner Oberbürgermeister nach dem 2. Weltkrieg. Die Rück-Umbenennung in Carolabrücke erfolgte im Jahr 1991.
Schöne Uferlandschaft in der großen Stadt
Wie sieht es nun aus, zwischen Blauem Wunder und Dresdner Altstadt? An einem trüben Sommertag im Juli 2025 habe ich mir die Flusslandschaft näher besehen. Auf dem linksseitigen Fuß- und Radweg spazierte ich die knapp fünf Kilometern auf meist asphaltierten Weg in Richtung Stadtmitte. Der erste Teil führte durch trockene Wiesen, immer mit einem Blick auf die andere Elbseite. Natürlich galt es auch auf dem Uferweg die Augen offen zu halten, denn zwischen den wenigen langsam fahrenden Radlern, Joggern und Spaziergängern schlängelten sich gelegentlich einige Rennradamateure ungebremst im Slalom durch.
Vom eigentlichen Weg gehen immer wieder kleine Pfade ab, über die ich zum Elbufer gelangte. Kleine Pausen auf Steinen, schöne Blicke auf die Schlösserseite und auf die vorbei schippernden Dampfer ließen viel Entspannung aufkommen. Ruhe in mitten einer großen Stadt.
Die Schlösser am Elbhang
Die drei Elbschlösser zeigen sich traditionell ganz individuell. Schloss Eckberg, Hotel und Restaurant, macht den Anfang und zeichnet sich durch seine markanten Türme im neugotischen Stil aus. Von unten leider nicht sehr eindeutig zu erkennen ist die markante Skulptur „Sonnenanbeter“ von Sascha Schneider (1870-1927).
Das Lingnerschloss – Villa Stockhausen
Im Verlauf des Elbhanges folgt flussabwärts das Lingnerschloss, ursprünglich als Villa Stockhausen bekannt. Der unfreiwillige Namensgeber Karl August Lingner (1861 – 1916) war der Erfinder des Mundwassers Odol und so nicht ganz mittellos. Testamentarisch legte er fest, dass das gesamte Anwesen den Dresdnern und ihren Gästen immer offenstehen soll. Das ist leider in den vergangenen 100 Jahren nicht immer gelungen.
Am Fuße des Weinberges befindet sich das Mausoleum Lingners, 1920 von Stadtbaurat Hans Poelzig (1869 – 1936) geschaffen. Die Dresdner kennen vor allem seinen Mosaikbrunnen im Großen Garten. Die plastischen Reliefs am Mausoleum gestaltete der Waldheimer Bildhauer Georg Kolbe (1877 – 1947).
Schloss Albrechtsberg
Schloss Albrechtsberg ist das dritte Schlossgebäude im Ensemble. Das spätklassizistische Bauwerk entstand in seiner Urform um 1850. Bis heute hatte es eine lange, wechselvolle Geschichte. Seit 1952 ist die Stadt Dresden Eigentümer des Schlosses. Im Zeitraum von 1951 bis 1990 fungierten die Räumlichkeiten unter dem Namen „Pionierpalast“ als Freizeitzentrum für Dresdner Kinder. Die heutige JugendKunstschule Dresden führt die künstlerische Arbeit mit Kindern seitdem u.a. im Schloss Albrechtsberg fort.
Noch vor der Waldschlößchenbrücke ist auf Neustädter Seite die „Saloppe“ zu sehen. Gemeint ist hier nicht die etwas oberhalb im Wald liegende Sommerwirtschaft, sondern das ehemalige Wasserwerk. Von 1875 bis 1993 wurde Trinkwasser aus Uferfiltrat (in zunehmend schlechter Qualität) gewonnen. Von 2014 bis 2017 erfolgte ein Umbau des Industriegebäudes zu Wohnzwecken. Im „Wasserpalais Saloppe“ existieren jetzt 32 Eigentumswohnungen.

Nach dem Passieren der Waldschlößchenbrücke und mit dem Erreichen des Johannstädter Fährgartens wurde das Gedränge auf dem Fuß- und Radweg etwas angeregter. Auch am Elbufer war ich nicht mehr ganz so allein. Also intensivierte ich meine Schritte und brachte meinen Elbuferspaziergang durch das ehemalige Weltkulturerbe-Gebiet Dresdner Elbtal in Höhe der Albertbrücke zu Ende. Zwischendurch beobachte ich noch die Elbfähre zwischen Neustadt und Johannstadt. Immerhin drei Fahrgäste verließen zur Mittagszeit das Fährboot „Elbflorenz“ in Höhe des Fährgartens.
Neue Sichtachsen auf die Dresdner Altstadt

Der neue, unversperrte Blick von der Albertbrücke in Richtung Altstadt mit den Silhouetten von Frauenkirche, Kunstakademie, Schloss, Kathedrale und Semperoper ist nicht uninteressant. Er wird auf Dauer nicht so bleiben. Die Diskussionen und manchmal auch überangeregten Gespräche über den Bau einer neuen Elbbrücke in Nähe des Königsufers laufen schon. Erinnerungen an die Zeit vor dem Bau der Waldschlößchenbrücke werden wach.