Blaudruck ist Weltkulturerbe – auch in Sachsen
Blaudruck als Teil der kulturellen Tradition
Im Juni 2019 wurde ein jahrhundertaltes Handwerk als Immaterielles Kulturerbe anerkannt. Diesen Vorgang bemerkten meist nur Insider. Es handelt sich um den Blaudruck, ein Druckverfahren zur Stoffveredelung. Nach Angaben der UNESCO-Kommission soll es in Europa gerade noch 27 Blaudruckwerkstätten, zwölf davon in Deutschland, geben. Ob diese Zahlen aktuell sind, kann ich nicht sagen. Mit diesem kleinen Beitrag möchte ich aber das klassische Handwerk trotzdem etwas in Erinnerung bringen.
Die kulturelle Tradition eines Volkes ist vielfältig. Dazu zählen verschiedene Kulturformen (von Musik über Sprache bis zur Darstellenden Kunst), unterschiedliche Bräuche und Feste, sowie das Leben in Gemeinschaft, besonders auch in Bezug auf die umgebende Tierwelt und Natur. Historisch bedingt hat das Handwerk mit seinen differenzierten Handwerkstechniken und Handwerkskünste einen sehr hohen Stellenwert. Der Blaudruck zählt zu diesen schützenswerten Handwerkstechniken.
Blaudruck, was ist das?
Keine Angst, Sie werden an dieser Stelle keine umfangreichen Ausführungen, Fachartikel, Beschreibungen oder Kopien von Beschreibungen zum Blaudruck lesen. Als erfahrener Internetnutzer finden Sie zu diesem interessanten Thema sicher bequem zahlreiche Quellen im Netz.
Die Vorliebe des Menschen, sich und seine Kleidung zu verzieren, ist nicht neu. Das Färbeverfahren Blaudruck schien dafür schon vor ca. 500 Jahren in Europa, speziell auch im deutschen Raum, als geeignet. Die Menschen veredelten Stoffe so, dass Trachtenkleidung, Tischdecken, Stoffbeutel, Kissenbezüge und auch Arbeitskleidung ein spezielles Aussehen erhielten. Dabei ist die Handwerksbezeichnung „Blaudruck“ eigentlich etwas irreführend. Mit dem klassischen Textildruck kann man es nicht vergleichen. Bei diesem werden die gewünschten Motive durch Druckfarben auf den jeweiligen Stoff gedruckt. Soll z.B. ein Motiv in blauer Farbe auf weißen T-Shirts erscheinen, so nimmt der Textildrucker eben auch blaue Druckfarbe. Das T-Shirt selbst bleibt an allen anderen Stellen unbedruckt.
Blaudruck oder Blaufärben?
Anders beim Blaudruckverfahren. Die gewünschten Muster und Motive werden auf dem Stoff, oft Leinen, Baumwolle oder Seide, durch eine Abdeckung freigehalten. Man sagt auch, die Motive werden reserviert. Alle anderen Flächen werden im späteren Färbeprozess eingefärbt. Die Reservierung der Motivflächen erfolgt durch eine wasserunlösliche Abdeckmasse, dem sogenannten Druckpapp. Mit den sogenannten Models, auch als Druckstöcke bezeichnet, werden die Motive auf den Stoff gedruckt. Ist der Basisstoff mit den Motiven bedruckt, muss der Papp trocknen und aushärten, was durchaus 10 Tage dauern kann.
Von Grün zu Blau – den Stoff einfärben
Zum Einfärben der nicht reservierten Stellen wird eine blaue Farbe, auch als Indigo bezeichnet, verwendet. Die mit den Motiven versehenen Stoffbahnen hängt der Blaudrucker (und auch die Blaudruckerin) in einen Färbestern. Zum Einfärben der weißen Stoffe folgen weitere Prozesse. Ziehen die Drucker die Bahnen wieder aus dem Bottich, sind sie zunächst grün. Sie verfärben sich erst an der Luft langsam ins Blaue. Daher kommt auch die Redewendung „Sein blaues Wunder erleben“.
Im Anschluss werden die nun gefärbten Stoffe öfters gespült und nach dem Entfernen des Druck-Papps zum Trocknen aufgehängt. Jetzt sind die Ergebnisse der aufwändigen Arbeit erstmals zu sehen. Der Blaudruck ist also eigentlich ein Blaufärben. Der Reservierungsdruck für die nicht zu färbenden Flächen stellt den nicht unwichtigen Druckvorgang dar.
Blaudruck in der heutigen Zeit
Kunsthandwerk, dazu zählt der Blaudruck zweifelsfrei, ist immer mit viel Zeitaufwand, Kraft, Mühe und noch mehr Handarbeit verbunden. Das Engagement der oftmals sehr kleinen Blaudruckwerkstätten und Manufakturen für die Erhaltung der alten Handwerkskunst kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Nach vielen Jahrzehnten der Nichtbeachtung erleben die Blaudruckerinnen (und auch die Blaudrucker) eine Art Renaissance. Vielleicht hat es auch etwas mit den Veränderungen mancher Konsumenten zu tun, denen Nachhaltigkeit bei Textilien wieder wichtig ist, als der billigste Preis.
Umso mehr können wir die Freude und der Stolz der wenigen kleinen Werkstätten verstehen. Mit der Anerkennung ihrer traditionellen Handwerkskunst als Immaterielles Kulturerbe wird die Aufmerksamkeit wieder verstärkt auf ihre alte Handwerkstradition gelenkt. Meist sind sie in ihren Manufakturen auf sich selbst angewiesen. Nachwuchs gibt es wenig bis überhaupt nicht. Ein Ausbildungsberuf wird im Blaudruckerhandwerk nicht mehr angeboten. In der DDR wurde der Beruf „Blaudrucker/Blaudruckerin“ (pdf-Download) von 1985 bis 1990 in einer Facharbeiterausbildung gelehrt.