Oberlichtenau zwischen Sommerlauf und Barockschloss

Barockschloss Oberlichtenau und der Sommerlauf
Am 6. Juli 2002, vor 22 Jahren auf den Tag genau, startete ich beim 23. Oberlichtenauer Sommerlauf. Das ist an sich keine so wichtige Tatsache, dass sie extra erwähnt werden müsste. Für einen Beitragseinstieg eignet sie sich aber trotzdem sehr gut.
In der kleinen Gemeinde Oberlichtenau, unterhalb des Keulenberges und unweit der Pfefferkuchenstadt Pulsnitz gelegen, existiert seit 1949 namentlich die Sportgemeinschaft Oberlichtenau. Basis für diesen Verein war der 1892 gegründete „Allgemeine Turnverein Oberlichtenau“.
Oberlichtenauer Sommerlauf
Im Sommer 1980 richtete die Abteilung Leichtathletik erstmals den Oberlichtenauer Sommerlauf aus, bei dessen 23. Auflage ich meine Premiere hatte. Der Ausrichter legte den Start- und Zielbereich in den Schlosspark des örtlichen Barockschlosses. Das Schloss und das gesamte Areal gehörten damals der noch selbstständigen Gemeinde Oberlichtenau. Am 1. Januar 2009 wurde diese ein Stadtteil von Pulsnitz und das Schloss ging ab 2008 in Privatbesitz über.

Die Folge war, dass sich der Veranstalter des sehr beliebten und von mir durch gelegentliche Teilnahme gern besuchten Sommerlaufes einen anderen Start- und Zielbereich suchen musste. Mit dem Sport- und Freizeitzentrum an der Keulenbergstraße wurde dieser gefunden.
Meine Erinnerungen an den ersten Start in Oberlichtenau sind aber deshalb so prägnant, weil das Umfeld der Veranstaltung so ungewöhnlich und trotzdem so angenehm war. Die meisten Läufe, die ich bis dahin kannte, begannen und endeten in den Vormittagsstunden auf Sportplätzen mit den entsprechenden sanitären und organisatorischen Einrichtungen. In Oberlichtenau war das anders.
Der Start erfolgte am Nachmittag, die Umkleidemöglichkeiten gab es im Schloss (in einem Barockschloss!), auf der Parkwiese standen DRK-Zelte für die Anmeldung bereit und die Feuerwehr stellte kaltes Wasser für eine erfrischende Dusche nach dem Lauf zur Verfügung. Immerhin hatten wir Juli und auch früher gab es zu dieser Jahreszeit schon sommerliche Temperaturen. Allerdings wurden die Wetterkarten für Werte über 25 Grad damals noch in Gelb und nicht in Rot eingefärbt.

Gestartet wurde im Schlosshof, dann ging es durch das Schlosstor hinaus in Richtung Keulenberg (413 m). Nach dessen Bewältigung erfolgte der Zieleinlauf auf einem Parkweg neben dem Rondell. Bei Getränken, Musik und dem erfrischenden Wasser aus den Feuerwehrschläuchen ließen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer den Nachmittag entspannt ausklingen. Später absolvierte ich noch ab und an den nicht ganz anspruchslosen Lauf über den Keulenberg, das letzte Mal im Jahr 2019.
Schloss und Schlosspark Oberlichtenau
Durch die Verlegung des Start-Ziel-Bereiches verlor ich in den vergangenen Jahren den Bezug zu der Schlossregion etwas. Das sollte sich ändern und so habe ich mich auf den Weg gemacht, um das Oberlichtenauer Schloss und seinen Park mal wieder zu besuchen.

Schon im Jahr 2008 hatte ein niederländisches Ehepaar das Anwesen von der damaligen Gemeinde Oberlichtenau gekauft. Ziel war es, das 1724 errichtete Barockschloss als Wohnsitz zu nutzen. Dabei blieb der Schlosspark ganzjährig kostenfrei zugänglich. Schlosspartys, Tagungen, Führungen und natürlich Traumhochzeiten gehörten zu den Standardveranstaltungen im Schloss.
Eigentlich lief alles recht gut, für das Schloss und seine Eigentümer. So war es dann doch eine Überraschung, als das holländische Ehepaar im Jahr 2014 die Absicht ankündigte, sich wieder vom Barockbau trennen zu wollen. Im Jahr 2019 wurden mit Daniela und Andreas von Hünefeld aus Berlin die neuen Käufer gefunden. Diese wollten das bewährte Konzept mit individuellen Erweiterungen und dem Schwerpunkt auf außergewöhnliche Hochzeiten fortsetzen.

Für ein angenehmeres Ambiente investierten die neuen Schlossbesitzer in das Interieur des Schlosses. Der stark vernachlässigte Schlosspark wurde in ein begehbares Areal verwandelt. Die wohl wichtigste Erhaltungsmaßnahme aber, die auch schon vom Vorbesitzer als solche erkannt, aber leider nicht umgesetzt wurde, ist die komplette Dachsanierung. Hierfür gab es im Jahr 2023 die Ankündigung, dass zur Erhaltung des Barockschlosses vom Bund 638.000 Euro Unterstützung zur Verfügung gestellt werden.
Der im Februar 2020 gegründete „Freundeskreis Barockschloss Oberlichtenau“ legte bis Mai 2021 einen Lehrpfad durch den Barockgarten an und richtete insgesamt 34 Stationen mit kleinen Infotafeln an. Zeitgemäß enthalten diese einen QR-Code, über den sich Informationen zu den jeweiligen Objekten abrufen lassen.
Sehr tragisch für die Familie von Hünefeld und bedauerlich für die Mitstreiter des Fördervereins ist die Tatsache, dass der Eigentümer des Barockschlosses Oberlichtenau, Andreas von Hünefeld, im Frühjahr 2024 überraschend verstarb. Im Umfeld des Schlosses stellt sich nun u.a. die Frage, wie es mit dem Schloss und den Visionen von Daniela und Andreas von Hünefeld weiter geht.
Der Parkrundgang zum 300–jährigen Schlossjubiläum
Recht einsam stehe ich vor dem 300 Jahre alten Bau. Ein Jubiläum, was angesichts der persönlichen Situationen der Schlossbesitzerfamilie wahrscheinlich keiner feiern will. Wer das Schlossensemble wirklich gebaut hat, ist nicht ganz eindeutig. Wiederholt wird in der Literatur und auf manchen Internetseiten der Name des sächsischen Hofarchitekten Johann Christoph Knöffel (1686 – 1752) genannt. Fest steht nur, dass der Festsaal von ihm stammt. Schaut man sich einige andere Objekte im Umkreis von Oberlichtenau an, die definitiv von Knöffel stammen (Schloss Rammenau, Schloss Wackerbarth, Barockschloss Wachau), so ist die Handschrift von Johann Christoph Knöffel auch hier zu finden.
Putten im Parterregarten
Am Parkeingang zeigt mir eine Tafel die Stationen des Lehrpfades, der durch den Barockgarten führt. Ich beginne meinen Parkspaziergang, halte mich aber nicht konsequent an die Nummerierung, sondern spaziere etwas quer durch das Gelände. Dabei stoße ich immer wieder auf die quadratischen Tafeln mit dem QR-Code. Deren Größe und Qualität lassen ein schnelles Scannen zu. So erhalte ich eine ganze Menge interessanter Erläuterungen zu den betreffenden Stationen.


Die Wege durch den Waldparkbereich sind nicht in mustergültigster Erhaltung, was mich überhaupt nicht stört und was ich auch nicht erwartet habe. Für einen bequemen Gartenspaziergang reichen sie allemal. Manches macht den Eindruck einer gepflegten Urwüchsigkeit, was schon wieder schön ist. So streife ich fast allein durch das grüne Anwesen und erfreue mich an der Ruhe und Natürlichkeit.
Kurzwanderung zum Keulenberg

Für ganz ambitionierte Besucher empfehle ich den Lehrpfad zum Keulenberg. Wie bei Naturlehrpfaden üblich, ist der Weg mit einem schrägen grünen Strich gekennzeichnet. Bis zum Gipfel beträgt die Wanderstrecke etwa drei Kilometer. Dabei werden rund 150 Höhenmeter bewältigt. Auch der Rückweg ist nicht kürzer, allerdings geht es dann bergab.