Das Cunewalder Tal zwischen Bieleboh und Czorneboh
Cunewalde in der Oberlausitz
„Knapp 15 km südöstlich von Bautzen wartet das schönste Tal der Oberlausitz auf Sie.“ So liest man es auf der Homepage und den Werbeflyern der Gemeinde Cunewalde, dem seit 1956 staatlich anerkannten Erholungsort. Und ich glaube, die Cunewalder haben damit nicht ganz Unrecht, es gibt viel zu sehen – im Tal und in der Umgebung.
Auf alle Fälle war das für mich ein Anlass, dem Cunewalder Tal mal wieder einen aktuellen Besuch abzustatten. Meine Anreise erfolgte über die B96 von Bautzen kommend. Im inzwischen eingemeindeten Ortsteil Weigsdorf-Köblitz bog ich links ab. Hier beginnt eine Straße, die sich inklusive der eingemeindeten Ortsteile knapp 10 Kilometer lang durch das Tal zieht. Dadurch beansprucht Cunewalde gleich den zweiten Superlativ für sich: der Ort sei das längste (Straßen) Dorf Deutschlands. Die meisten Sehenswürdigkeiten sind von dieser Straße aus ziemlich direkt erreichbar.
Möchten Sie die hier von mir vorgestellten Attraktionen laufend erkunden, sollten Sie trotzdem gut zu Fuß sein. Insgesamt kommen zwischen 4 bis 6 Kilometer Fußweg zusammen. Ich began meine Rundtour im westlichen Ortsteil und parkte in Nähe der Cunewalder Kirche.
Der Umgebindehaus-Park
Einige Schritte zurück und schon stehen Sie inmitten einer interessanten Modellanlage. Zwischen dem Trutzmühlteich und der Dorfkirche befindet sich der Umgebindehaus-Park Cunewalde. Auf einer großzügig angelegten Fläche werden seit 2009 Miniaturhäuser aus verschiedenen Teilen der Oberlausitz gezeigt. Dabei handelt es sich um Modelle (Maßstab 1:5) von Umgebindehäusern, einer für diese Region typischen Bauweise.
Die Idee zu diesem Park geht auf eine beschäftigungspolitische Maßnahme Ende der 1990er Jahre zurück. Heute wird der Park von der Gemeinde Cunewalde verwaltet und von einer Garten- und Landschaftsbaufirma aus Leutersdorf gepflegt, wie mir eine gerade anwesende Mitarbeiterin freundlich erzählte.
Der Park kann von Ostern bis Oktober kostenfrei besichtigt werden. Er ist auch im Winter zugänglich. Einen Winterdienst garantiert die Gemeinde nicht.
Eine intensive Innen- und Außenbesichtigung der Originale ist zumindest einmal jährlich möglich. Dazu veranstaltet die 2004 gegründete „Stiftung Umgebindehaus“ einen Tag des offenen Umgebindehauses. Dieser findet meist am letzten Sonntag im Mai statt.
Noch ein Hinweis. Umgebindehäuser sind auch in der Sächsischen Schweiz, in Thüringen, Böhmen und Niederschlesien zu finden. In dieser Konzentration gibt es sie aber nur in der Oberlausitz.
Die größte Dorfkirche Deutschlands
Schon weithin sichtbar und nur einige Meter Fußweg vom Umgebindehaus-Park entfernt, kann die Evangelische Kirche Cunewalde besichtigt werden. Das Gotteshaus verfügt über 2.632 Sitzplätze mit 3 Emporen und ist so nachweislich die größte Dorfkirche Deutschlands, womit wir auf das dritte Superlativ von Cunewalde stoßen. Mit 13 Jahren Bauzeit, festliche Einweihung war am 4. Advent 1793, würde sich die Kirche mit einigen Bauvorhaben der heutigen Zeit in illustrer Gesellschaft befinden. Allerdings waren die gesellschaftlichen, finanziellen und technischen Rahmenbedingungen vor 240 Jahren ganz andere.
Leider bereitet das Gebäude aktuell viel Sorgen. Das Dach und die Stuckdecke müssen dringend saniert werden. Allein für die Sanierung des Daches werden 430.000 Euro geschätzt. Zum Einwerben von Spenden wurde im Oktober 2020 ein Förderverein gegründet. Nach Verlassen der Cunewalder Kirche gehe ich etwas oberhalb auf dem Kirchweg weiter. Wer will, kann auch den am Parkplatz beginnenden Erlenweg nehmen. Nach ca. 1,5 km erreiche ich das kleine Kulturzentrum von Cunewalde. Dazu zählen die Tourist-Information mit dem Haus des Gastes in der Blauen Kugel und das Kraftfahrzeug- und Technik-Museum.
Tourist-Information – Haus des Gastes
In dem historischen Areal rund um das „Haus des Gastes“, vielen Besuchern auch als das Hotel mit Gaststätte „Blaue Kugel“ Cunewalde bekannt, trifft Tradition auf Aktuelles. Bei meinem Besuch an einem Donnerstag konnte die Mitarbeiterin der Tourist-Information alle meine Fragen beantworten. Publikationen mit Informationen zur nahen und weiteren Region, Infos zu Einkehr- und Übernachtungsmöglichkeiten und zu geplanten Veranstaltungen waren reichlich vorhanden. Leider wird das am Wochenende und zu Feiertagen nicht möglich sein, glaubt man den Öffnungszeiten.
Die Blaue Kugel Cunewalde
Zur Stärkung ist ein Besuch in der benachbarten Pizzeria möglich. Unter dem Namen BLAUE KUGEL „Da Giovanni Due“ werden in dem traditionsreichen Restaurant seit Ende 2020 italienische Speisen angeboten. Der vorherige Pächter musste leider nach 3 Jahren intensiven persönlichen Einsatzes schließen. In seiner Erklärung nennt er die Hauptursache – die finanziellen Auswirkungen der Corona-Maßnahmen. Doch auch schon Jahre vorher gab es in der langen Geschichte der „Blauen Kugel“ öfters Schließungen und Neueröffnungen.
Im Foyer des Hauses wurden einige Episoden zusammengefasst. Mit einem Schmunzeln konnte ich die Ankündigung lesen:
„Ein langersehnter Wunsch der Bevölkerung von Cunewalde und Umgebung geht in Erfüllung: Neueröffnung des Saales“.
Dies geschah am 7. Oktober 1968, zum Tag der Republik. Dazu spielten die beliebten Tanzorchester Friedrich Kremz und die „Tonellis“.
Das Kraftfahrzeug- und Technik-Museum
In Nachbarschaft zum Haus des Gastes, befindet sich ein historischer Dreiseitenhof, in dem auch das Kraftfahrzeug- und Technik-Museum Cunewalde untergebracht ist. Wer sich für historische Fahrzeuge und die Geschichte des (Diesel)Motorenbaus interessiert, ist hier bestens aufgehoben. Die Geschichte des Vereins geht bis in das Jahr 1967 zurück. Zumindest zweimal im Jahr veranstalten die Vereinsmitglieder ein Oldtimer-Treffen vor Ort.
Polenzpark Cunewalde
Mein nächstes Ziel ist der ungefähr 2 km entfernte Polenzpark in Obercunewalde. Dieser wurde umfassend saniert und ist seit 2018 wieder zugänglich. Für den Weg möchte ich die Hauptstraße wieder vermeiden. So laufe ich die Friedensaue bergan und folge der Wilhelm-von-Polenz-Straße und dem Schanzenweg mit etwas welligem Profil. Neben dem verkehrsberuhigten Spazieren sehe ich zwei Gebirgszüge. Im Norden mache ich den Czorneboh (561 m) als höchste Erhebung aus und im Süden ist der Bieleboh (499 m) mit seinem Aussichtsturm sichtbar.
Der im östlichen Bereich des Cunewalder Tales liegende Parkbereich wurde nach Julius Curt von Polenz benannt. Er ist der Vater des Heimatdichters Wilhelm von Polenz. Dieser wurde nur 42 Jahre alt (1861-1903). Seine am häufigsten angeführten Werke sind der Roman „Der Büttnerbauer“ und die Dorfgeschichten „ Luginsland“. Beide Erzählungen charakterisieren die Menschen der Oberlausitz zu ihrer Zeit.
Der Park ist nicht übermäßig groß. Er bietet aber trotzdem viel Erholung und kann auch mit dem Drahtesel auf einigen Wegen durchfahren werden. Eine Pause an einem der vielen Teiche ist sehr entspannend. Da ich über den Schanzenweg zum Park gelaufen bin, nutze ich den Eingang als Ausgang. Dort stehen jedem Besucher Informationstafeln zur Verfügung. Ein 1909 aufgestellter Gedenkstein erinnert an den Dichter Wilhelm von Polenz.
Aktive Erholung
Für den Rückweg meines Kulturspaziergangs bieten sich drei Varianten an. Sie können die beschriebene Strecke in umgekehrter Richtung laufen, was auch ganz andere Sichtweisen ermöglicht. Oder Sie gehen entlang der Hauptstraße. Mit einer Länge von knapp 4 Kilometern ist diese Wegführung nicht sonderlich lang. Als dritte Möglichkeit bietet sich die Buslinie 110 des Regiobus Bautzen an. So kann man den Ausgangspunkt in Nähe der Kirche in nicht mal 10 Minuten wieder erreichen.
Selbstverständlich bietet Cunewalde im schönsten Tal der Oberlausitz auch Möglichkeiten der aktiven Erholung an. Wandern, Radfahren und auch die Nutzung des Erlebnisbades (im Sommer) stehen im Vordergrund. Die angrenzenden Höhenzüge mit ihren markanten Erhebungen sind oft besuchte Ziele.