Otto Altenkirch in Siebenlehn und nicht in Nossen
Sehenswertes in Siebenlehn
Der Sonntag zeigte sich sonnig und golden herbstlich. Mein Ziel war das Rathaus von Siebenlehn. Allerdings werden in diesem schon seit längerer Zeit keine Ratstätigkeiten mehr angeboten und ausgeführt. Dafür wäre ein Sonntag als „Behördentag“ auch etwas ungewöhnlich. Trotzdem freute ich mich auf einen Besuch in dem „Historischen Rathaus“ von Siebenlehn.
Mit der Amalie Dietrich Gedenkstätte und einer Otto Altenkirch Ausstellung beherbergt das zentrale Gebäude am Markt inzwischen zwei einfache und trotzdem sehr sehenswerte Expositionen.
Siebenlehn, die Stadt als Ortsteil von Großschirma
Die Kleinstadt Siebenlehn ist durch ihre direkte Lage an der Autobahn A4 vielen Fahrzeugnutzern und -mitfahrern bekannt. Fast genau in der Mitte zwischen Dresden und Chemnitz gelegen, existierte die Ortschaft bis 2003 als eigenständige Stadt. Dann gab es finanzielle Probleme. Deren Lösung wurde in einer Fusion mit einem solventen Partner gesucht. Ganz so schnell war keine reiche Stadt zur Hand, also entschied man sich für eine „feindliche“ Übernahme durch die bedeutend kleiner Gemeinde Großschirma. So wurde das Dorf Großschirma zur Stadt und die Stadt Siebenlehn zum Ortsteil.
Otto Altenkirch in Siebenlehn
Der Landschaftsmaler Otto Altenkirch, 1875 in Ziesar geboren, lebte ab 1920 bis zu seinem Tod im Jahr 1945 in Siebenlehn. Fünfundzwanzigjährig begann er im Jahr 1900 ein Studium an der Hochschule für bildende Künste Berlin. Sein Professor war der Impressionist Eugen Bracht. Dieser wechselte 1902 an die Kunstakademie nach Dresden und Otto Altenkirch ging mit ihm. In die Dresdner Zeit fallen Mitgliedschaften in verschiedenen Künstlervereinigungen, eine freischaffende Tätigkeit und eine Anstellung als Hoftheatermaler. Dabei wurde ihm im Jahr 1917 der Professorentitel verliehen.
(*) Gruppenbild anlässlich der Uraufführung der Oper „Der Rosenkavalier“ von Richard Strauss am 26.01.1911, Königliches Opernhaus Dresden. Oben 2. von links Otto Altenkirch.
Mit seinem Umzug nach Siebenlehn begann seine ausschließlich freischaffende Arbeit. In diesen 25 Jahren entstanden viele Landschaftsgemälde mit Motiven aus der Gegend. Schon in seiner Dresdner Zeit hatte er sich diesem Sujet gern und ausführlich gewidmet. Die Heidelandschaft im Dresdner Norden, der Heller, war der von ihm bevorzugte Landstrich.
Bis zu seinem Tod lebte er in der Kleinstadt an der Freiberger Mulde. Sein Grab befindet sich auf dem örtlichen Friedhof.
Meine Begegnungen mit Otto Altenkirch
Das erste Mal begegnete ich den Werken von Otto Altenkirch anlässlich einer Kabinettausstellung im Schloss Nossen. In dieser wurden im Jahr 2013 Bilder gezeigt, deren Motive rund um die bis 1956 existierende Hellerschänke von Dresden angesiedelt waren. Schon damals war ich vom Malstil und den plastischen Darstellungen des Künstlers angetan.
Fünf Jahre später, im Frühjahr 2018, konnte ich die Gemälde von Otto Altenkirch wieder bewundern. In der zu diesem Zeitpunkt neu gestalteten Beletage des Lingner Schlosses Dresden waren 30 Freilichtgemälde ausgestellt. In den großen, lichtdurchfluteten Räumen war die Ausstellung eine Augenweide.
Nun, im Herbst 2022 sehe ich also wieder Bilder des impressionistischen Malers. Der Freundeskreis Otto Altenkirch aus Siebenlehn zeigt im „Historischen Rathaus“ 20 Freilichtgemälde.
Bemerkenswert an dieser Ausstellung sind nach meiner Ansicht mehrere Dinge. In Siebenlehn wurde eine Kunstausstellung zusammengestellt, die einen engen Bezug zur Wahlheimat des Künstlers besitzt. Der Veranstalter, der Freundeskreis, hat ein intensives Interesse, dieses künstlerische und kulturelle Erbe zu erhalten und auch einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Betrachtung der Bilder wird ausschließlich den Besuchern überlassen, technische Hilfsmittel, wie z.B. Audioguides, gibt es zum Glück nicht. Der Eintritt ist frei, Spenden sind möglich und sinnvoll.
Kein Otto Altenkirch mehr in Nossen
Nach dem Besuch der sehenswerten Siebenlehner Präsentation, wollte ich mir gleich noch mal die Kabinettausstellung im Schloss Nossen ansehen. Immerhin zeigen doch zwei zentrale Internetseiten im Herbst 2022 diese vollmundig an. So z.B. der Staatsbetrieb Staatliche Kunstsammlungen Dresden (abgerufen 12.10.2022) und der Sächsischer Museumsbund e.V. (abgerufen 12.10.2022).
Doch welche Überraschung. Beim Zugang zum Schloss Nossen erfahre ich an der Museumskasse, dass es in Nossen keine diesbezügliche Ausstellung mehr gibt. Mit den lapidaren Worten „Otto Altenkirch ist nicht mehr in“ wird meine Frage nach dem „Warum?“ eindeutig beantwortet.
Nach dieser recht eigenartigen Aussage verlasse ich das Schloss ohne weitere Besichtigung. Ich fahre mit der Gewissheit nach Hause, dass es in Siebenlehn einen Freundeskreis Otto Altenkirch gibt, der schon für 2023 eine neue Ausstellung plant. Dann heißt es wieder im „Historischen Rathaus“ von Mai bis Oktober und jeden Sonntag von 14 bis 16 Uhr – „Otto Altenkirch ist doch in“.
Nachbemerkung
Es sei mir an dieser Stelle eine kurze, aber nicht unwichtige Bemerkung erlaubt. Für alle Ausstellungen, die mit Otto Altenkirch in Zusammenhang stehen, hat das Restaurierungsatelier Körber & Körber eine intensive Betreuung geboten und teilweise auch kostenfreie Restaurierungen ausgeführt.