Sonnenuhren und wilde Natur in Taubenheim

Das Sonnenuhrendorf Taubenheim/Spree
Das Oberlausitzer Bergland, manchmal auch nur Lausitzer Bergland genannt, ist reich an landschaftlichen Kontrasten. Zwischen Wäldern, Wiesen, Bergen und Tälern liegen Ortschaften, die sich durch Einmaligkeiten auszeichnen. Das Dorf Taubenheim/Spree ist eine davon. Seit 1994 gehört es gemeinsam mit Wehrsdorf zur Gemeinde Sohland a.d. Spree und wird inzwischen als Sonnenuhrendorf bezeichnet. Aktuell gibt es über fünfzig Sonnenuhren in Taubenheim/Spree.

Für mich war das ein Grund, dem Ort endlich mal einen Besuch abzustatten. Dass ich dafür den Tag der Sommersonnenwende nutzte, möchte ich als puren Zufall bezeichnen. Verbinden wollte ich meine Ortsbegehung mit einer Kurzwanderung zum Taubenberg (458 m). Im vom Berg- & Naturverlag Rölke im Jahr 2016 publizierten Wanderführer „Lausitzer Bergland“ hatte ich dazu eine ansprechende Tour entdeckt, die ich etwas modifizierte.
Am Ende meines knapp vierstündigen Aufenthalts in der Oberlausitz hatte ich viel gesehen, manches erlebt und einiges anders durchgeführt, als ursprünglich gedacht.
Viele touristische Angebote
Wer viel Zeit hat, kann den angelegten Sonnenuhrenpfad komplett ablaufen. Die Gemeinde stellt dafür einen Flyer zur Verfügung, in dem aktuell „nur“ 47 Stationen aufgeführt sind. Dieser Weg kreuzt immer mal wieder einen Denkmalwanderweg, den es zusätzlich in zwei Teilen mit jeweils 6,6 km Länge gibt. Hier werden Objekte im Ort und in der angrenzenden Natur beschrieben. Doch damit ist es immer noch nicht genug. Im Jahr 2022 wurde ein rund fünf Kilometer langer Naturlehrpfad zum Taubenberg eingerichtet. Die Anlage glänzt durch schön gestaltete und informative Schilder. Der Weg ist gelegentlich sehr wild.

Mit meiner eigenen Route bin ich den vorgegebenen Strecken nicht strikt gefolgt. Wer möchte, kann meine Tour hier nachverfolgen. Das „Nachwandern“ möchte ich nur unter Vorbehalt empfehlen. Später dazu mehr.
Der wilde Rundweg über den Taubenberg
Ich startete im Zentrum von Taubenheim und lief in Richtung Taubenberg etwas kreuz und quer. Ich wollte ja ursprünglich so viel Sonnenuhren entdecken, wie möglich. Das ist mir teilweise auch gelungen. Verschlossene Grundstücke wollte ich nicht betreten, so dass ich mir nur die frei zugängigen Kunstwerke angesehen habe.
Relativ schnell habe ich den Ort verlassen. Der Aufstieg zum Taubenberg ist sehr gut gekennzeichnet. Auf dem 458 m hohen Berg steht eine Schutzhütte und eine Triangulierungssäule. Die Säule wurde im Jahr 1865 für die Landesvermessung von Sachsen errichtete. Damals hatte der Berg noch keinen Bewuchs. So schlimm ist es aktuell noch nicht, trotzdem sah ich im Umfeld des Taubenberges viele abgestorbene Bäume.



Wie zu erwarten, ging der Weg bis zum höchsten Punkt relativ stark bergan, was nicht weiter störte. Allerdings haben Forstmaschinen zwischenzeitlich deutliche Spuren hinterlassen. Im letzten Abschnitt hatten Roter Holunder und Roter Fingerhut die Oberhand. Gut, hier zeigte es sich, dass es auch bei über 25 °C Außentemperatur richtig war, lange Hosen zu tragen. Auch die zufällige Entscheidung, einen Sonnabend als Ausflugstag zu wählen, war nicht verkehrt. Immerhin parkten diverse Waldbearbeitungsmaschinen im Unterholz. Ein Einsatz in der Woche ist wahrscheinlich und dann sicher nicht ganz geräuschlos und staubfrei.
Im Verlauf des Weges stieg ich wieder bergab. Für eine längere Zeit ging es durch eine wilde Plantage von Drüsigem Springkraut, welches bis zu zwei Meter hoch werden kann. Den Weg konnte ich nur vermuten, gelegentlich tauchte der Grüne Strich als Markierung auf. Sollte sich jemand mit Kindern auf diesen amtlichen Wanderweg verirren, wäre in diesem Bereich eine Wimpelstange, wie sie an Kinderfahrrädern Verwendung findet, ratsam.
Sonnenuhren in Taubenheim

Wieder in Taubenheim gelandet, widmete ich mich noch einmal den Sonnenuhren. Diese dauerhaften Zeitanzeiger, solange die Sonne scheint, kennt bestimmt jeder. Durch einen sogenannten Polstab wird ein Schatten auf eine Fläche, meist ein Ziffernblatt, geworfen. Die Ausführung ist in verschiedenen Varianten möglich. Die vertikale Sonnenuhr, meist an einer Hauswand angebracht oder auch als Ecksonnenuhr umgesetzt, ist wohl die bekannteste. Äquatoriale Sonnenuhren finden sich oft auf freien Flächen, in Vorgärten, Parks und Gärten. Bei der Recherche zu diesem Beitrag wurde ich doch überrascht, wie viel Menschen sich mit Sonnenuhren und deren Bau beschäftigen. Übrigens ist Gnomonik die Lehre von der Sonnenuhr.

Ganz in der Nähe meines Ausgangspunktes entdeckte ich das Geburtshaus von Martin Hölzel (1908 – 1994). Der in Taubenheim geborene und an der Dresdner Kunstakademie zum Grafiker ausgebildete Hölzel, wurde im Jahr 1977 mehr durch Zufall zum „Vater der Taubenheimer Sonnenuhren“. Ihm wurde die Restaurierung eines alten Objektes übertragen. In deren Folge vertiefte er sich im Weiteren in die Wirkungsweisen von Sonnenuhren. Insgesamt war er an der Herstellung von 21 Sonnenuhren in den Ortschaften Taubenheim, Sohland und Wehrsdorf beteiligt.
Mein letzter Wegabschnitt führte mich noch entlang der Kirche zum Oberen Schloss. Das Gotteshaus stand zu Besichtigung offen, den Schlosspark konnte ich „nur auf eigene Gefahr“ betreten. Nach langem Leerstand wurde das Schloss im Jahr 1999 von Herrn Viktor Philippi gekauft. Ein Jahr später eröffnete er mit seiner Frau das „Gesundheitszentrums Philippi“ mit Forschungs- und Lehrakadamie für Bioenergetik und Bioinformatik.
Trotz des Wochenendtages begegnete ich kaum einem Menschen. Den Sonnenuhrenpfad durch den Ort kann ich weiterempfehlen. Vielleicht wiederhole ich den Besuch noch einmal, immerhin habe ich ja nur einen Bruchteil der Sonnenuhren gesehen. Die Wanderung zum Taubenberg spare ich mir dann. Die Oberlausitz hat ja zum Glück wandermäßig noch viel mehr zu bieten.
Sonnenuhren in Coaraze
Ein kleiner Nachtrag.
Beim Schreiben des Beitrages wurde ich von meiner Freundin daran erinnert, dass wir im Jahr 2018 eine ganze Menge künstlerisch gestalteter Sonnenuhren in Südfrankreich gesehen haben. Ich meine damit das kleine Bergdorf Coaraze, welches ca. 25 km nördlich von Nizza in der Provence liegt.
Im Frühsommer 2018 waren wir in dieser Gegend zu Gast und besuchten auch das „Village du soleil“, das Dorf der Sonne. Im Zentrum des mittelalterlichen Ortes Coaraze befinden sich mehrere Sonnenuhren. Das Basismaterial ist Keramik, die Gestaltungen sind kreativ und ausdrucksstark. Diese Kunstwerke wurden von namhaften Künstlern geschaffen. Zu ihnen zählen u.a. Jean Cocteau (1889 – 1963), Alexandre Joseph Sosnowsky, genannt Sacha Sosno (1937 – 2013) und Henri Goetz (1909 – 1989).