Forststadt Tharandt zwischen Burgruine und Campus
Forststadt Tharandt
Tharandt, die Stadt, die dem angrenzenden Tharandter Wald ihren Namen gegeben hat, befindet sich geografisch betrachtet fast genau im Zentrum der Städte Dresden, Dippoldiswalde, Freiberg und Meißen. Im Gegensatz zu den vier genannten, sind die Attraktionen bzw. Sehenswürdigkeiten in der Forststadt jedoch recht begrenzt. Neben der Burgruine und der auf gleicher Höhe gegenüberstehenden Bergkirche Zum Heiligen Kreuz ist einzig noch der Forstbotanischer Garten Tharandt erwähnenswert. Dieser ist aber auf alle Fälle mindestens einen Besuch wert.
Ich mache mich an einem schönen Herbsttag mit dem PKW auf den Weg nach Tharandt und stelle das Fahrzeug auf einem großen Parkplatz in Nähe des Bahnhofs ab. Auch wenn mir in der Gegend vieles bekannt ist, finde ich es immer wieder interessant, meine Erinnerungen durch die Tatsachen der Gegenwart aufzufrischen. Also werde ich Tharandt etwas kreuz und quer durchstreifen.
Das Badetal und der Campus
Ich laufe fast parallel zur Wilden Weißeritz in den Ort und weiter ins Badetal. Dieses ist Teil des Weißeritztales und wird heute durch viele Bauten des Universitätscampus der TU Dresden, Fachrichtung Forstwissenschaften, gekennzeichnet. Die Universitätsgebäude liegen alle an der Pienner Straße und wurden zu unterschiedlichen Zeiten gebaut. Die Architekturen sind entsprechend verschieden. Das Hauptgebäude in der Pienner Straße 8 wurde 1848 errichtet, der Cotta-Bau ist Baujahr 1929. Ein Stück weiter ins Badetal gehend, sehe ich den Roßmäßler-Bau, der im Jahr 2005 entstand. In Nachbarschaft befindet sich der Judeich-Bau (Baujahr 1999) und mit etwas Abstand in Richtung Ortsausgang steht der Stöckhardt-Bau, der 1884 fertiggestellt wurde.
Vom Hauptgebäude abgesehen, tragen alle Bauten prominente Namen. Im Einzelnen sind das: Heinrich Cotta (1763 – 1844), der Gründer der Forstakademie; Emil Adolf Roßmäßler (1806 – 1867), in Tharandt von 1830 bis 1848 Professor für Zoologie und Botanik; Johann Friedrich Judeich (1828 – 1894 ), von 1866 bis 1894 Direktor der Forstakademie Tharandt; Julius Adolph Stöckhardt (1809 – 1886), von 1847 bis 1883 Professor für Agrikulturchemie und landwirtschaftliche Technologie.
Die Badestadt Tharandt
Der Name Badetal leitet sich aus der kurzen Hochzeit des Heilbadebetriebes in Tharandt ab. Im Jahr 1792 wurden in Nähe des Schlossteiches und der Brettmühle zwei Quellen entdeckt. Sie erhielten die Namen Sidonienquell und Heinrichsquell. Der Entdecker der Quelle am Schlossteich, Amtschirurg Butter, ließ beide Quellen fassen und das Wasser nach dem damals existierenden Badehaus leiten. So konnte 1793 in Tharandt ein Mineralbad eröffnet werden. Der Zuspruch war anfangs sehr groß und im Jahr 1806 wurde ein neues Badehaus errichtet (Einweihung am 7. Juni 1806), das spätere Stadtbadhotel. Ende der 1890er Jahre flaute das Interesse ab und der Badebetrieb wurde eingestellt. Der Name Badetal ist geblieben.
Schlossberg und Schloitzbachtal
Mein Weg führt mich wieder zurück zum Schlossteich, an dem es mal ein Freibad gegeben haben soll. Ich steige zum Schlossberg auf. Hier bemerke ich gegenüber meinen vergangenen Besuchen kaum nennenswerte Veränderungen. Die Burgruine reizt wie immer zu einem Besuch, der Blick in die verschiedenen Täler ist schön. Die auf der östlichen Anhöhe stehende und von 1626 – 1629 erbaute Bergkirche Zum Heiligen Kreuz ist leider wie immer verschlossen.
Das Schloitzbachtal
Der Blick in Richtung Norden geht in das Schloitzbachtal. In diesem Ortsbereich liegt der größere Teil der Stadt. Hier sind auch die abzweigenden Nebentäler mit den Straßen nach Grillenburg, Kurort Hartha und Grumbach besiedelt. Ich laufe bergab zum kleinen Markt, der nach Norden in die Roßmäßler Straße übergeht. Für meinen Rückweg benutze ich die Dresdner Straße. Nach wenigen Schritten stehe ich vor der Gaststätte „Schillereck“, dem ehemaligen „Gasthof zum Hirsch“. Eine Gedenktafel an der Hausfassade verrät, dass hier der Dichter Friedrich Schiller im Jahr 1787 wohnte. Ab dem 17. April 1787 nahm er für einen Monat Quartier, um sich von einer Liebesverwirrung zu lösen und seinen „Don Carlos“ vorzubereiten.
Zum Abschluss meines Kreuz-und-Quer-Rundweges entdecke ich doch noch zwei interessante Objekte. Etwas bescheiden und versteckt liegt zwischen der Dresdner Straße und der Schillerstraße eine kleine Ruhezone, der Park am Schloitzbach. An dessen Ende steht ein Brunnen, der auf Privatinitiative des pensionierten Tharandter Arztes Dr. med. Eckart Kühne (1937 – 2015) im Oktober 2009 eingeweiht wurde. Die Gestaltung der Brunnenanlage mit Äskulapnatter und Schmuckgitter führte Peter Okonkowski aus. Das fließende Wasser soll an Tharandts Vergangenheit als Badeort erinnern.
Der Gasthof „Deutsches Haus“
Schräg gegenüber, wo der Schloitzbach in die Wilde Weißeritz mündet, wo die Pienner Straße ins Badetal führt und von wo aus die Dresdner Straße die Kleinstadt in Richtung Freital verlässt – dort entdecke ich einen großen leeren Fleck mit einem Schachspiel. Ich erinnere mich, hier früher und ganz früher das Gasthaus „Deutsches Haus“ gesehen zu haben. Der älteste Teil des ehemaligen Gasthauses, Hotels und Kinos stammt von 1736, seit 1998 stand das Objekt leer. Mehrfach wurde es seitdem an Möchtegern-Investoren, Privatleute und Firmen verkauft. Leider wurde, trotz vollmundiger Ankündigungen, nie investiert, der Zustand des Gebäudes verschlechterte sich immer weiter. Im Jahr 2014 konnte es durch die Stadt ersteigert werden, Ende 2014 wurde es abgerissen.
Nun wird in Tharandt schon seit längerer Zeit wieder öffentlich über die Entwicklungsmöglichkeiten des sogenannten „Tors zu Stadt“ an der Ecke Dresdner Straße / Pienner Straße debattiert. Im Zusammenhang mit der gegenüberliegenden Freifläche (jetzt Parkplatz) soll eine neue Stadtmitte entstehen. Pläne, Forderungen und Vorschläge gibt es viele, doch ohne Investoren scheint es nicht zu gehen …
Der Forstbotanische Garten Tharandt
Nach Abschluss meines Rundgangs entschließe ich mich, doch noch einmal zum Forstbotanischen Garten zu laufen. An einem Wochentag, gegen Mittag und ohne Ferienzeit, habe ich das Areal fast für mich allein.
Der Forstbotanischer Garten Tharandt, eigentlich lautet die offizielle Bezeichnung Forstbotanischen Garten & Forstpark Tharandt, wurde 1811 als Forstgarten gegründet. Jedes Jahr vom 1. April bis zum 31. Oktober ist das umfangreiche Gelände täglich von 8:00 – 17:00 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei, es darf gespendet werden. Die Einrichtung wird vom Förderverein Forstbotanischer Garten e. V. verwaltet.
Als Gründer der Tharandter Forstanstalt gilt Heinrich Cotta (1763 – 1844), der dem Ruf des damaligen sächsischen Königs Friedrich August des Gerechten (1750 – 1827) im Jahr 1811 folgte und seine Lehranstalt vom thüringischen Zillbach (bei Wasungen) nach Tharandt verlegte. Ihm folgte sein Mitstreiter aus Zillbach, Prof. Johann Adam Reum. Cotta hielt übrigens 1811 im oben schon erwähnten „Gasthof zum Hirsch“. seine ersten Vorlesungen.
Im Zusammenhang mit dem Ziel der Gründung, eine private Forstlehranstalt bzw. eine Königlich Sächsische Forstakademie zu schaffen, erfolgte im Jahr 1929 der Anschluss an die Technische Hochschule Dresden, der jetzigen TU Dresden. Heute wird in Tharandt in der Fachrichtung Forstwissenschaften der Fakultät Umweltwissenschaften der Technischen Universität Dresden an 9 Instituten gelehrt.
Der Tharandter Forstbotanische Garten dient aber nicht nur der Forschung und der akademischen Lehre, sondern ist auch ein weitläufiges Erholungsgebiet mit zahlreichen Weiterbildungsmöglichkeiten. Nebenbei sind die Gartenbetreiber sehr flexibel, auf der Internetseite lautet es einladend: „Auf Grund der verzögerten Herbstfärbung und der weiterhin milden Witterung verlängert der Forstbotanische Garten Tharandt in diesem Jahr seine Saison. Statt am 31.10. wird der Garten erst am 19.11. seine Tore für die Winterpause schließen.“