Die Hochebene südöstlich von Dresden
Dörfer, Obstplantagen und Sehenswertes
Im Südosten von Dresden, zwischen Lockwitzgrund und Müglitztal gelegen, befindet sich eine Hochebene, die hauptsächlich von Feldern, Obstplantagen und einzelnen Dörfern geprägt ist. Eine gemeinsame Flächenbezeichnung scheint es nicht zu geben, zumindest ist mir keine bekannt.
Überregionale Sehenswürdigkeiten sind hier auf den ersten Blick nicht zu finden, positive Überraschungen aber trotzdem nicht ausgeschlossen. Zu den markantesten Örtlichkeiten zählen der Lugturm am Lugberg (207 m), die Ortschaften Röhrsdorf und Borthen, der Röhrsdorfer Grund und das Gut Gamig mit seiner weithin sichtbaren Kapelle.
Für mich ist diese Region heute kein Neuland mehr. In den vergangenen 40 Jahren hat es mich aus ganz unterschiedlichen Gründen immer wieder in diese Gegend getrieben. Dazu zählten vor allem Sportveranstaltungen wie der Wilischlauf oder der Blütenfestlauf in Borthen. Aber auch kleine Fahrradtouren, Kurzwanderungen durch den Röhrsdorfer Grund und Besuche und Besichtigungen anlässlich des Tages der offenen Tür im Gut Gamig oder bei Obstbetrieben in Röhrsdorf zählten dazu.
Für die aktiven Erholungssuchenden stehen markierte und unmarkierte Wege zur Verfügung. Die meisten führen entlang von Obstplantagen, schlängeln sich durch die kleinen Gründe (Röhrsdorfer Grund, Rietzschke Grund bei Gamig) und sind dabei nicht sonderlich anstrengend, dafür meist sehr erholsam. Einzig die im Jahr 2006 fertiggestellte Autobahn A17 Dresden – Prag ist oftmals ein optisch und akustisch wahrnehmbarer Querulant. Nebenbei zerschneidet sie über eine große Länge in diesem Bereich die Natur.
Der Lugturm am Lugberg
Etwa 100 m oberhalb des Elbtals, heute schon zu Heidenau gehörend, wurde im Jahr 1880 auf dem Lugberg (207 m) der Lugturm errichtet. Durch den Bau eines Gasthauses knapp 20 Jahre später, erhielt das Ausflugsziel noch mehr Attraktivität. Wegen Baufälligkeit musste der Turm schon 1938 wieder geschlossen werden. Die Gaststätte war weiterhin beliebt, immerhin hatte der überwiegende Teil der Bevölkerung damals noch keinen fahrbaren Untersatz. So wanderten die Familien sommers wie winters mit Kind und Kegel an Sonn- oder Feiertagen zu den stadtnahen Berggasthäusern und Anziehungspunkten.
Leider ging das öffentliche Leben der Gaststätte Ende der 1960er Jahre zu Ende. Mitte 1986 brannte das Gebäude ab, der Abriss folgte in den 1990er Jahren. In den folgenden eineinhalb Jahrzehnten vermüllte das Gelände zusehends. Seit 2017 pachtet die Familie Genschmar das 9.000 m² große Grundstück. Ziel war es von Anfang an, das völlig verwahrloste Gelände in einen begehbaren Zustand zu versetzen, einen Imbiss bzw. Biergarten einzurichten und vielleicht mal in weiterer Zukunft den Lugturm wieder als Aussichtspunkt zugänglich zu machen.
Das Betreiberehepaar des Lugturms hat in den vergangenen Jahren sehr viel Zeit, Kraft und Geld in die Veränderungen des Areals gesteckt. Ohne die zahlreichen Unterstützer und Freunde wäre manches nicht so weit. Ob immer die von Behörden und Nachbarn vorgebrachten Argumente wirklich so stichhaltig sind, dass sie amtliche Sperren und Verbote rechtfertigen, kann hier nicht beurteilt werden. Da aber die Familie Genschmar noch viele Pläne am Lugberg hat und sich dessen bewusst ist, dass die Vorgaben bezüglich Öffnungszeiten, Parkplätze, Baufläche und Umweltschutz unbedingt eingehalten werden müssen, sollte es bautechnisch auch bald weitergehen (Quelle).
Röhrsdorf und Borthen
Die Nachbargemeinden wurden über Jahrhunderte durch Landwirtschaft und Obstbau geprägt. Im Jahr 1993 fusionierten die beiden Dörfer, gemeinsam mit Gorknitz, zur neuen Gemeinde Röhrsdorf. Schon vier Jahre später war diese Konstruktion wieder Geschichte. Als Ortschaft Röhrsdorf, inzwischen zusammen mit Bosewitz, Burgstädtel, Gamig, Sürßen und Tronitz, wurde sie Teil der Kleinstadt Dohna.
Schon seit Jahrhunderten unverändert geblieben ist in der gesamten Region die Bewirtschaftung der großflächigen Obstbauplantagen, vorrangig mit der Konzentration auf Äpfel und Kirschen. Ob dafür der sächsische Kurfürst August mitverantwortlich gemacht werden kann, wie ich irgendwo gelesen habe, ist nicht bewiesen. Im 16. Jahrhundert soll er Brautleute wohl verpflichtet haben, zur Hochzeit zwei Obstbäume zu pflanzen.
Jedenfalls haben sich die Borthener und Röhrsdorfer Obstbauern in den vergangenen knapp 80 Jahren ihre Markenzeichen und Produkte konstant erhalten. Die reichlich vorhandenen Agrarflächen um Borthen wurden ab 1952 von der neu gegründeten „LPG Vorwärts Borthen“ bewirtschaftet. 1978 erfolgte deren Umwandlung in das Volkseigene Gut Obstproduktion Borthen. Trotz der veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ab 1990/91 blieb der Plantagenobstbau in der Region erhalten und wuchs so zu einem Zentrum des Obstbaus in Sachsen heran.
Ein Zeichen für die Identifikation der gesamten Region mit ihren Produkten ist auch das seit 1975 in Borthen und Röhrsdorf alljährlich stattfindende „Borthener Blütenfest“. Dieses Jahr gibt es die 50. Auflage.
Wenn nicht das Blütenfest, dann ist für die meisten Besucher der Sächsisch-Böhmische Bauernmarkt und eine Obstscheune das Ziel. Beide Objekte sind im Areal des Röhrsdorfer Schlosses angesiedelt, was ursprünglich ein Rittergut war. Es kann von außen besichtigt werden, seit 2009 wird es privat als Künstlerkommunität betrieben.
Vom Rittergut wenige Schritte entfernt, befindet sich eine kleine Anlage. Sie wird in der Literatur häufig als Schlosspark bezeichnet, ist aber mehr ein Schlossgarten. Die rund 3.000 m² große Fläche steht unter Denkmalschutz und wurde ab 2019 neugestaltet. Nun kann der ehemalige Schlosspark für öffentliche Veranstaltungen oder einfach nur zur individuellen Erholung genutzt werden.
Am Rand der kleinen Parkanlage wurden vom Heimatverein Ortschaft Röhrsdorf e.V. mehrere Informationstafeln aufgestellt. Neben den allgemeinen ortsgeschichtlichen Erläuterungen mit den Bezügen zu Landwirtschaft und Obstbau, zeigt eine Tafel den umfangreichen Plan des Röhrsdorfer Grundes. Dabei handelt es sich um einen ca. 2 Kilometer langen Waldgrund, durch den der Rietzschke-Bach fließt.
Der Röhrsdorfer Grund war viele Jahrzehnte weitestgehend unbekannt. Das führte auch zu einem ungebremsten Zerstörungswahn, viele Sandsteinfiguren und -elemente wurden entwendet, zerstört oder verfielen und die Wege wucherten zu. Seit längerer Zeit hat sich der Heimatverein Ortschaft Röhrsdorf e.V. nun sehr stark für die Werterhaltung engagiert. Viel, sehr viel ist noch zu tun. Trotzdem kann der Grund wieder durchwandert werden, der Heimatverein bietet auch Führungen an.
Gut Gamig
Von viele Stellen der Hochebene zwischen Dresden und Heidenau bzw. Dohna ist ein sehr markantes Gebäude zu sehen. Es handelt sich um die kleine Kapelle am Gut Gamig. Das ehemalige Rittergut ist von Röhrsdorf / Borthen zu Fuß oder mit dem Fahrrad recht schnell zu erreichen. Der breite Weg über Wölkau und den Lugturm ist rund 6 Kilometer lang. In meinem separaten Beitrag „Gut Gamig bei Dohna – eine imposante Entwicklung“ lesen Sie den interessanten Entwicklungsweg des Gut Gamig vom Rittergut zur Rehabilitationsstätte „Verein Gut Gamig e.V.“.