Rothschönberg im Triebischtal
Museumstag im Schloss Rothschönberg
Am 15. Mai 2022 war der internationale Museumstag. Was macht ein wissbegieriger Museumsfreund zu solch einem Anlass? Er besucht ein Museum, am besten eins, in dem sich die Gleichgesinnten nicht zu sehr auf die Füße treten. Mit dem Besuch des Schlosses Rothschönberg ist mir das absolut gelungen. Bis 15 Uhr waren wir 3 Besucher. Das ist aber keinesfalls ein Zeichen für ein uninteressantes Objekt.
Die unbekannte Gegend
Zwischen der Quelle im Tharandter Wald und der Einmündung in die Elbe in Meißen legt der kleine Fluss Triebisch 37 km zurück. Ziemlich in der Mitte seines Laufes liegt der nicht ganz 250 Einwohner zählende Ort Rothschönberg im Triebischtal. Bis 1973 durften sich die Bewohner des kleinen Dorfes mit diesem Namen schmücken. Im genannten Jahr führte eine Gemeindegebietsreform zu einer Angliederung an die Nachbargemeinde Tanneberg. Die Eigenständigkeit war verloren. 26 Jahre später wurde Tanneberg (mit den Bewohnern von Rothschönberg) in die 1994 neu geschaffene Großgemeinde Triebischtal eingemeindet. Weitere 18 Jahre vergingen und die Gemeinde Triebischtal fusionierte mit Klipphausen. Der Name Triebischtal (als Ortschaft) wurde zu den Akten gelegt. Die einst 20 Dörfer wurden 2012 zu Ortsteilen von Klipphausen. Heute umfasst Klipphausen deren 43.
Für Rothschönberg und seine Bewohner war bei diesem Zuständigkeits- und Namenskarusell das Jahr 1999 wohl das entscheidendste.
Vom Gemeinderat zum Heimatverein
Aus einer kleinen Broschüre [ 1 ], die ich im Schloss erworben hatte, entnehme ich eine bemerkenswerte Tatsache. Durch die 1999 vollzogene Eingemeindung zur Ortschaft Triebischtal hatte der damalige Gemeinderat seinen Aufgabenbereich verloren. So wurde die Idee geboren, „einfach“ einen gemeinnützigen Heimatverein zu gründen, der sich mit der ehemaligen und zukünftigen Dorfentwicklung beschäftigt. Die Selbstständigkeit konnte so in gewisser Weise bewahrt und das Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Ortsbewohnern gefördert werden. Der Heimatverein Rothschönberg e.V. war geboren.
Klipphausen, Ortsteil Rothschönberg
Die Gründung und Namensgebung der Gemeinde geht auf das sächsische Adelsgeschlecht der Familie von Schönberg zurück. Laut einer Kurzdokumentation von Matthias Donath hatte die Adelsfamilie über 200 Besitzungen in Sachsen, Rothschönberg ist dabei die älteste.
Der Ort selbst liegt nur zu einem geringen Teil an der schon erwähnten Triebisch. Die meisten Anwesen befinden sich an Bergstraßen oder -wegen bzw. auf dem oberen Plateau. Die Straßenbezeichnungen Bleiberg, Schlossberg, Pernberg und Schenkberg geben dem wandernden und Rad fahrenden Besucher eine Orientierung auf die zu erwartenden Anstrengungen.
Die markantesten Sehenswürdigkeiten des kleinen Ortes sind die Dorfkirche, das Schloss und der Rothschönberger Stolln. Letztere entwässerte seit 1877 das Freiberger Bergbaurevier. Der rund 51 km lange Stolln führt von Rothschönberg bis nach Brand-Erbisdorf und ist in Etappen ein eigener Besuch wert.
Schloss und Park Rothschönberg
Seit dem 13. Jhd. war das Schloss Rothschönberg bis zur Enteignung 1945 durchgehend im Besitz der Familie von Schönberg. Die Geschichte des Schlosses wird auf der schon angeführten Internetseite des Schönberg’schen Familienverbandes interessant beschrieben.
Am 6. Mai 1945 zog die Rote Armee in das Schloss ein. Der Rittergutsbesitzer Herr von Schönberg flüchtete in die amerikanische Zone, die landlosen Bauern, Tagelöhner und Handwerker blieben wie fast überall mit ihren Familien im Dorf. 1947 zog das Militär ab, teilweise zerstörte und geplünderte Räumlichkeiten blieben zurück. Im Schloss wurden Flüchtlinge (sogenannte Umsiedler) einquartiert, was den Schlossabriss verhinderte.
Bis zur nächsten gesellschaftlichen Veränderung im Jahr 1990 erfüllte der gesamte Komplex verschiedene Funktionen. So wurden im Schloss eine Konsum-Verkaufsstelle, eine Gemeindeschwesterstation, ein Kindergarten, ein Jugendclub und ein Veranstaltungsraum eingerichtet. Im Schloss gab es 14 Wohnungen.
Leider veränderten diese zahlreichen Einrichtungen und deren Nutzung das denkmalhistorische Ensemble unterschiedlich stark. Der 1999 neu gegründete Heimatverein begann mit sehr viel persönlichem Engagement der Mitglieder das Schloss Rothschönberg für Ausstellungen, Führungen und Veranstaltungen herzurichten.
Der an das Schloss anschließende Park hat einen großen Bestand an wirklich alten Bäumen. Parkbänke laden zum Verweilen ein. Am Ende der Lindenallee ist ein altes, neu errichtetes Gebäude zu sehen. Es handelt sich um den sogenannten Pavillon. Der 1879 erbaute und 1986 abgerissene Pavillon wurde mit Fördermitteln neu errichtet und zum 1. Parkfest im August 1998 eingeweiht.
Ausstellungen im Schloss Rothschönberg
Immer sonntags von 14 – 17 Uhr (von Mai bis September) öffnet der Heimatverein den Nordostflügel des Schlosses. In 5 Räumen werden den Besuchern unterschiedliche Ausstellungen präsentiert. Dazu zählt die Geschichte des Schlosses Rothschönberg als Denkmal und Adelssitz. Auf vielen Tafeln und in Vitrinen werden Informationen über den Ort und seinen Heimatverein bereit gestellt. Eine umfangreiche Schulausstellung und natürlich ein Infobereich zum Rothschönberger Stolln ergänzen den regionalen Bereich. Wer sich für Wünschelruten und mehr interessiert, der Fachbegriff lautet Radiästhesie, findet im letzten Raum die Gelegenheit sich über das Thema zu informieren.
Der Eintritt ist mit 2 € spartanisch. Für diesen kleinen Obolus gibt es viel zu sehen und zu lesen. Die anwesende Mitarbeiterin des Heimatvereins zeigte mir noch den kleinen und großen Saal, der zu moderaten Preisen für Veranstaltungen angemietet werden kann.
Durch den Besuch des Schlosses Rothschönberg und seiner Umgebung wurde der internationale Museumstag 2022 für mich zu einem völlig entspannten und trotzdem sehr informativen Erlebnis. Auch ohne diesen Anlass kann ich das Objekt nur weiterempfehlen. Wie lange eine Besichtigung in diesem „unvollständigen“ Zustand noch möglich ist, bleibt abzuwarten. Die Gemeinde möchte das Objekt verkaufen, einzelne Interessenten klopfen schon an.
Literatur
- [1] Rothschönberg im Triebischtal – 10 Jahre Heimatverein