Stolpen – herausragend schön auf Basalt
Herausragend schöne Burgstadt Stolpen
Die Burgstadt Stolpen schmückt sich seit kurzem mit dem Slogan „Herausragend Schön“. Die auf einem Basalthügel liegende Burganlage und Teile der Stadt sind bei der Anreise schon von weitem aus allen Himmelsrichtungen zu sehen. Wer sich also auf den Weg zu der ca. 25 km von Dresden in östlicher Richtung entfernt liegenden Kleinstadt macht, kann diese städtische Werbeaussage im ersten Teil bestätigen.
Burg Stolpen und Gräfin Cosel
Das Ziel der meisten Besucher wird wohl die über der Stadt thronende Burg Stolpen sein. Diese wurde über viele Jahrzehnte durch eine Frau klassifiziert. Anna Constantia Gräfin von Cosel (1680 – 1765), die bekannteste Mätresse des sächsischen Kurfürsten Friedrich August I. (August der Starke – 1670 – 1733), wurde auf Burg Stolpen gefangen gehalten. Meistens liest man, dass die Haft 49 Jahre dauerte, von Weihnachten 1716 bis 1765. In der Broschüre „Geschichtliche Wanderfahrten, Nr. 38“ [1] äußert sich der Autor Hellmut Kretzschmar (1893 – 1965, Archivar und Historiker) etwas anders. Nach seiner Aussage öffneten sich die Burgtore schon 1738 für sie. Nach 22 Jahren Gefängnis wollte die schöne Gräfin aber nicht mehr fort und blieb bis zu ihrem Tod auf der Burg. Ob das so war, ist trotzdem zweifelhaft, denn der Dipl.-Museologe Jens Gaitzsch, ein ausgewiesener Experte, was Stolpen und die Cosel betrifft, erwähnt diesen Sachverhalt nicht. [2]
Das jahrzehntelange Standardimage, Burg Stolpen = Cosel, wird seit einiger Zeit Stück für Stück abgeschmolzen. Mit veränderten und ergänzten Ausstellungen, Burgführungen und einem bescheidenen Veranstaltungskalender werden neue Besuchergruppen angesprochen und die Burg wirbt als universeller Ausstellungs- und Veranstaltungsort. Aktuell besuchen rund 100.000 Gäste jährlich die Burg. Der Besucherrekord mit 199.165 Besuchern stammt aus dem Jahr 1989.
Stadtbummel durch Stolpen
(*) © SLUB / Deutsche Fotothek / Brück und Sohn / Public Domain. Stolpen. Markt, 1912
Bei meinem Herbstbummel durch Stolpen im Oktober 2024 habe ich die Burg bewusst nicht besucht. Ich schlenderte durch die Gassen der Stadt, kreuzte den Marktplatz und nutzte die Parkpromenade mit den an den Burgberg angrenzenden Wegen, um mir die Stadt nach längerer Abstinenz mal wieder zu besehen. Dabei stieß ich natürlich fast überall auf Basalt. Dieses schwarze, vulkanische Gestein mit seiner Säulenform ist in Sachsen und Umgebung immer wieder in Regionen zu finden, die in Zusammenhang mit ehemaliger vulkanischer Aktivität entstanden sind. In Stolpen hat das Ergussgestein eine ganz besondere Ausprägung erfahren.
Der Stadtbummel selbst hinterlässt bei mir, wie bei fast allen Kleinstädten, ein gespaltenes Gefühl. Auf der einen Seite finden sich schöne Häuser, für die Gästewerbung wird viel getan und die zentralen Plätze sind anziehend und erholsam. Auf der anderen Seite sind aber auch immer wieder die gleichen Probleme zu sehen. Leerstehende Geweberäume, geschlossene Gaststätten und teilweise sehr ungepflegte und nicht mehr lesbare Infotafeln an Häusern wirken nicht sehr einladend. Was ich persönlich sehr unschön empfand, ist die Tatsache, dass die „Stolpen-Information“ grundsätzlich an Feiertagen sowie am Sonnabend und Sonntag geschlossen ist.
Die sehr interessante Stadtkirche von Stolpen war dagegen auch am Sonntag zur Besichtigung geöffnet.
Stolpen steht auf Basalt – oder doch nicht?
Das Thema Basalt prägt die Stadt, es ist teilweise ihr Markenzeichen geworden. Viele Hausfronten, Vorgärten diverser Einzelhäuser, Mauerwerke und natürlich der Burgberg selbst wurden mit und durch die Basaltsäulen gestaltet. Bei einem solchen faszinierenden Alleinstellungsmerkmal kann eine Untersuchung, die ein Ergebnis zur Folge hat, dass Stolpen vielleicht doch nicht auf Basalt seht, schon etwas Unruhe verbreiten.
Olaf Tietz vom Senckenberg-Museum für Naturkunde in Görlitz wurde in einem Artikel in der Sächsischen Zeitung vom 15. März 2019 so zitiert: „Unsere neuesten Untersuchungen zeigen, dass die Stolpener Vulkanite gar keine Basalte sind. Aufgrund der neuen chemischen und mikroskopischen Untersuchungen müssten die Gesteine nach heutiger Nomenklatur als Basanit eingestuft werden. Doch weder Basalt noch Basanit findet man in Stolpen in reiner Form.“
Zum Glück hat aber der Stolpener Geologe Dr. Thomas Scholle Entwarnung gegeben. Auch er war an den Forschungen beteiligt und meint „dass ungeachtet der neuen Erkenntnisse der Basalt/Basanit von Stolpen ein besonders sehenswertes Vorkommen ist, an dem seit dem 16. Jahrhundert maßgeblich Wissenschaftsgeschichte geschrieben wurde.“
Das beruhigt, denn schön sehen sie aus, die Stolpener Basaltsäulen, ob jetzt als Baumaterial in der Burgmauer oder als Stelen davor.
Trotz meiner kleinen Kritik bezüglich der nach meiner Ansicht unzureichenden Öffnungszeiten der Stolpen-Information, möchte ich nach meinem Besuch den neuen Slogan bestätigen. Stolpen ist herausragend und schön.
- [1] Geschichtliche Wanderfahrten, Nr. 38; Stolpen; Kretzschmar, Hellmut; 1934
- 2] Gräfin Cosel auf Burg Stolpen; Gaitzsch, Jens; Edition Leipzig; 2001