Die Brunnen des Peter Fritzsche
Der Brunnenschöpfer ist tot
Im Herbst 2022 las ich in einer sächsischen Tageszeitung die traurige Mitteilung „Freital: Der Brunnenschöpfer ist tot“.
Der Beitrag der freien Journalistin Lilli Vostry ist noch online, leider aber hinter der Bezahlschranke. So erfuhr ich, dass es sich bei dem Brunnenschöpfer um den Freitaler Bildhauer Peter Fritzsche handelt. Schnell wurde mir klar, dass ich die im Beitrag erwähnten Brunnen kannte. Ich erinnerte mich an eine Publikation über Künstlerhäuser im Osterzgebirge, 2004 erschienen, in der ich einen Beitrag über den Künstler fand. So ergänzte ein Puzzleteil das andere und ich machte mich auf den Weg, um die Brunnen des Peter Fritzsche nun konzentrierter zu besichtigen.
Der Freitaler Bildhauer Peter Fritzsche
Peter Fritzsche wurde am 30. Mai 1938 in Freital geboren, wo er am 7. November 2022 auch verstarb. Nach einer Lehre als Steinbildhauer (1955 bis 1958) studierte er an der Hochschule für Bildende Kunst Dresden in der Fachrichtung Plastik. Ab 1964 zog es ihn nicht ganz freiwillig für acht Jahre nach Eberswalde. Die Absolventenvermittlung der Hochschule war der Grund dafür. 1972 kehrte er als inzwischen verheirateter und freischaffender Künstler in seine Heimatstadt zurück. Im teilweise zum Atelier umgebauten Elternhaus hatte er nun seine neue Wirkungsstätte.
Peter Fritzsche schuf Plastiken in Stein, Bronze und Ton. Einen selbst gebauten Brennofen nutzt er für seine keramischen Arbeiten. Bei seinen von Witz und Lebenslust geprägten Werken konzentrierte er sich auf Motive aus der Tierwelt, vergaß aber auch die kleinen und stillen Menschen bei seinen Porträts nicht. Von 1965 bis 1982 wurden die meisten seiner Plastiken und Brunnen im Brandenburger Raum (z.B. Eberswalde, Schwedt, Eisenhüttenstadt, Frankfurt/Oder) aufgestellt.
Mit dem Brunnen „Kopfwäsche“ erhielt er 1983 den ersten Auftrag aus seiner Geburtsstadt. Weitere Aufträge für Freital und Umgebung sollten folgen.
Im Jahr 2001 erhielt er auf Vorschlag des Ältestenrates der Stadt Freital den Kultur- und Kunstpreis der Großen Kreisstadt Freital. In der Begründung heißt es „… weil er durch seine jahrelange beständige, plastisch-künstlerische Arbeit das städtebauliche Gesicht der Stadt Freital belebend gestaltet und künstlerisch-ästhetisch bereichert hat.“ Da kann man nur zustimmen. In diesem Beitrag möchte ich vier Brunnen aus der näheren Umgebung von Dresden vorstellen.
Der „Kopfwäschebrunnen“ in Freital
Ungefähr 1982 wurde in Freital-Potschappel der Kreuzungsbereich an der Ecke Dresdener Straße / Turnerstraße neu gestaltet. Dabei konnte sich Peter Fritzsche mit seinem „Kopfwäschebrunnen“ erstmals in Freital verwirklichen. Der aus Bronze bestehende Brunnen ist in einer Art Stele angelegt, enthält im unteren Bereich vier kleine Wasserbecken und wird oben durch zwei Figuren dominiert. Ein Mann hockt vor einem Bottich, sein Kopf wird von einer Frau gewaschen. Ob bei der Wahl des Gestaltungsmotivs die dem Platz gegenüber liegende stadtbekannte Gaststätte „Goldener Löwe“ eine Rolle gespielt hat, ist nicht bekannt.
Diese witzige Darstellung lässt auf alle Fälle Spielraum für eigene Interpretationen. Die Plastik enthält das Signet des Künstlers und den Spruch „DAS GROSSE GLUECK WURZELT IM KLEINEN“. Anfangs war der Brunnen ohne Wasser. Erst mit einer Neugestaltung der Platzanlage ca. 40 Jahre später, wurde der Brunnen in einen Wasserkreislauf eingebunden. Ein zweiter Brunnen mit diesem Motiv sprudelt in Chemnitz – Sonnenberg, er wird dort auch als „Haarwäsche-Brunnen“ bezeichnet.
Der „Lebenskreisbrunnen“ in Freital
Nicht ganz 200 Meter weiter stadtauswärts, kann das zweite Freitaler Werk von Peter Fritzsche bewundert werden. Der Brunnen „Die Badenden“ bzw. auch als „Der Große Brunnen“ oder „Lebenskreisbrunnen“ bezeichnet, befindet sich auf einem Vorplatz an der Dresdner Straße 107. Das Areal wurde Mitte der 1990er Jahre eingerichtet und der aus Bronze bestehende Brunnen 1996 eingeweiht.
Auf dem ca. 3 m x 3 m großen Grundkörper sind nur die Köpfe von Personen aus verschiedenen Altersgruppen zu sehen. Sie ragen aus einer fiktiven Wasserfläche heraus, jeder scheint mit sich selbst beschäftigt zu sein. Von einem an einer Stirnseite befindlichen Wasserspender soll Wasser den Brunnen füllen. Das war zum Zeitpunkt meines Besuches im Mai 2023 leider nicht der Fall.
Auch mit dieser Brunnengestaltung lässt Peter Fritzsche die Betrachter selbst entscheiden, wie sie die Darstellung empfinden. Menschen, denen das Wasser bis zum Hals steht, gibt es immer. Ob das der Künstler ausdrücken wollte, weiß ich nicht. Ebenso ist der Standort vor der Agentur für Arbeit sicher rein zufällig. Die Bezeichnung „Lebenskreis“ scheint mir aber am treffendsten.
Der „Schuhbrunnen“ in Dippoldiswalde
Schon zwei Jahre später, im Jahr 1998, erhält Peter Fritzsche einen neuen Brunnenauftrag für die Region. Für die damals zum Weißeritzkreis gehörende Stadt Dippoldiswalde entwirft und gestaltet er den „Schuhbrunnen“. Dieser steht seitdem an der Kreuzung Herrengasse / Schuhgasse.
Hier ließ sich der Bildhauer bei der Gestaltung der Brunnenmotive von der örtlichen Geschichte leiten. Nicht weit weg vom Brunnenstandort wird im LOHGERBER MUSEUM & GALERIE Dippoldiswalde die Entwicklung des regionalen Lohgerberhandwerkes und der Lederindustrie gezeigt. In der Schuhgasse selbst hatten über Jahrhunderte die Schuhmacher der Stadt ihre Betriebe. Eine Verkaufsstelle zum Verkauf Ihrer Handwerksprodukte, das sogenannte Schuhhaus, und eine Herberge für Schuhmachergesellen hatten ebenfalls ihren Standort in der Gasse.
So befinden sich auf dem Brunnenrand ganz unterschiedliche Schuhe als Dekoration. Eine Bronzeplatte enthält den von Christian Morgenstern stammenden Spruch „SCHÖN IST EIGENTLICH ALLES, WAS MAN MIT LIEBE BETRACHTET. C.M.“ Die wasserspeiende Säule wird von einem Stiefelpaar dominiert, auf der Säulenrückseite ist die Signatur „P.F. 1998“ zu lesen.
Der „Stuhlbrunnen“ in Rabenau
Zwischen Dippoldiswalde und Freital liegt die Kleinstadt Rabenau, welche auf eine fast 400-jährige Stuhlbautradition zurückblicken kann. Das im Ort angesiedelte Deutsche Stuhlbaumuseum zeigt in seinen Räumen unter anderem dieses traditionelle Handwerk.
Mit dem im Jahr 2001 auf dem Marktplatz in Rabenau eingeweihten „Stuhlbrunnen“, häufig, aber nicht ganz richtig auch als „Stuhlbauerbrunnen“ bezeichnet, setzte Peter Fritzsche in seiner typischen Art dem Handwerk der Stuhlbauer ein Denkmal. Die Gestaltung des Brunnens ist ähnlich witzig und themenbezogen, wie beim Schuhbrunnen in Dippoldiswalde. Auf der aus Sandstein bestehenden Brunneneinfassung hat der Bildhauer verschiedenes Handwerkszeug angeordnet, welches bei Tischlern im Allgemeinen und vielleicht auch zur Herstellung von Stühlen im Speziellen benötigte wurde. Seine Initialen, „P.F. 2001“, finden die Betrachter neben einer Kaffeekanne.
Auf einem dreistufigen Podest, ebenfalls aus Sandstein, sind zwei Stühle und eine Fußbank (sächsisch: Hitsche) als sogenannte Stuhlbauerfamilie angeordnet. Das vierte große Element ist ein Holzvogel (aus Bronze, versteht sich), bei dem es sich wohl um den Wappenvogel der Stadt Rabenau handelt.
Zwischenfazit
Der Freitaler Bildhauer Peter Fritzsche hat weitaus mehr Plastiken und Brunnen geschaffen, als die hier von mir erwähnten. Von Zeit zu Zeit werde ich einige weitere Standorte seiner Werke, die meist in Sachsen und Brandenburg zu finden sind, aufsuchen und in einer weiteren Übersicht darüber berichten.