Anspruchsvolle Rundwanderung ab Thürmsdorf
Zwischen Bärensteinen und Rauenstein
Im Jahreskalender „Sächsische Gebirgsheimat 1990“ fand ich einen interessanten Beitrag mit dem Titel „Kulturgeschichtlicher Streifzug durch das Bärensteingebiet in der Sächsischen Schweiz“ [ 1 ]. Von dieser Beschreibung animiert, stellte ich eine Wanderung zusammen, die mir ein Wiedersehen mit „alten Bekannten“ und auch einige Neuentdeckungen brachte.
Als Ausgangspunkt habe ich mich für Thürmsdorf entschieden. Das 360 Einwohner zählende Dorf ist ein Ortsteil von Struppen, zu dem u.a. auch die Gemeinden Naundorf und Weißig zählen. Meinen PKW stellte ich auf dem Wandererparkplatz am Bärensteinweg ab. Das nur wenig entfernte Schloss Thürmsdorf wählte ich als Start- und Zielort aus.
Die Rundwanderung ab Thürmsdorf
Mit dem roten Punkt als begleitende Markierung startet die Runde. Anfangs verläuft die Wanderstrecke durch den großzügigen und in sehr gutem Zustand befindlichen Schlosspark in Richtung der beiden Bärensteine. Die Götzinger-Höhle, auch als Diebskeller bzw. Diebshöhle bezeichnet, ist schnell erreicht. Der im benachbarten Struppen als Pfarrerssohn geborene Wilhelm Leberecht Götzinger (1758 – 1818) soll an dieser Stelle die ersten Anregungen zu seiner Erforschung der Sächsischen Schweiz empfangen haben. Eine Marmortafel, die 2005 erneuert wurde, macht darauf aufmerksam.
So lassen wir den Kleinen Bärenstein (338 m) rechts liegen und wandern am Waldrand, vorbei am Wasserwerk Naundorf, direkt zum Weg Roter Strich und biegen mit diesem rechts ab. Nach wenige Minuten Gehzeit stoßen wir auf den Hermann-Schneider-Weg, den wir in Richtung Naundorf nutzen. Der Große Bärenstein, mit 327 m Höhe etwas niedriger als sein kleiner Namensbruder, wird bequem umwandert. Die Strecke führt nun bergab nach Pötzscha, vorbei am Robert-Sterl-Haus, und biegt nach der zweiten Straßenkehre in den Rauensteinweg ein.
Ab hier steigt der Weg zunächst an, geht dann aber relativ eben bis zu einem Abzweig weiter. Wer die Rauensteine überqueren möchte, muss dem Gelben Strich weiter folgen, die beschriebene Tour orientiert sich ab hier am Wanderzeichen Tk14 (Tk – Terrainkurwegenetz). Beide Streckenvarianten vereinen sich später wieder. Mit der Markierung Tk 14, später auch wieder mit dem Roten Strich als Orientierungszeichen, steigen wir in der Folge, vorbei an den Laasensteinen, in das Elbtal nach dem Kurort Rathen ab.
In Rathen werden die Bahngleise überquert und die Wanderung folgt der Straße Elbweg, vorbei an den Eisenbahnwelten. Am Ortsausgang queren wir die Bahnstrecke das zweite Mal. Ab jetzt wird es etwas anstrengend. Über die Alte Weißiger Straße (immer noch als Tk14 gekennzeichnet) laufen wir recht steil bergan in Richtung Weißig. Beim Aufstieg lohnen Gehpausen und ein Blick zurück. Es empfängt uns ein tolles Panorama. Zu sehen sind der an der Elbe liegende rechte Teil des Kurortes Rathen, dahinter die Sandsteinbergwelt (die Lokomotive erkennt wohl jeder) und nicht zu übersehen, das Bergrestaurant Bastei mit der neuen Aussichtsplattform.
Auf der Ebene angekommen, führt der Weg durch den Struppener Ortsteil Weißig. Der Gelbe Strich weist schon bald den Weg in Richtung Thürmsdorf. Die letzte Passage enthält noch einmal drei markante Punkte. Vorbei an den Eulensteinen, welche die Reste eines Tafelberges sein sollen – schwer vorstellbar, erreichen wir kurz vor dem Abschluss der Rundwanderung die Johann-Alexander-Thiele-Aussicht. Sie erlaubt einen Blick zum Lilienstein, ins Elbtal und auf die Ortschaft und Festung Königstein.
Johann-Alexander-Thiele-Aussicht
Johann Alexander Thiele (1685 – 1752) war ein nicht unbedeutender Landschaftsmaler, der sich seine Motive im Umland von Dresden (u.a. Plauenscher Grund, Rabenauer Grund, Sächsische Schweiz) und auch in weiteren Regionen (Zittauer Gebirge) gesucht hat. Anlässlich seines 250. Todestages zeigte die Gemäldegalerie Alte Meister Dresden im Jahr 2002 eine äußerst eindrucksvolle Ausstellung, die ich noch immer in Erinnerung habe.
Der Aussichtspunkt war über Jahrzehnte in Vergessenheit geraten. Mit der Sanierung der in direkter Nachbarschaft befindlichen heutigen „Malerwegskapelle“ wurde auch die Thiele-Aussicht reaktiviert. Von hier bietet sich der schon erwähnte schöne Blick ins Elbtal, den Johann Alexander Thiele und vermutlich viele weitere Maler künstlerisch festgehalten haben. Nur 20 Meter neben der Thiele-Aussicht sehen wir eine Rotunde, welche 1921 erbaut wurde.
Schloss Thürmsdorf und Biedermann Mausoleum
Bei diesem Bauwerk handelt es sich um das ehemalige Mausoleum des Freiherrn von Biedermann und seiner Familie, dem damaligen Besitzer von Schloss Thürmsdorf. Bis in die 1970er Jahre war der Bau die Begräbnisstätte der Familie Biedermann. Einbrüche und Plünderungen sorgten dafür, dass die sterblichen Überreste der Familie auf den Friedhof Königstein umgebettet wurden. Nach jahrzehntelangem Verfall konnte das Objekt 2016 wieder schön saniert und als Malerweg-Kapelle der Öffentlichkeit übergeben werden.
Wie schon vor reichlich 100 Jahren, damals gehörten Schloss Thürmsdorf und das Mausoleum der Familie Biedermann, sind auch heute wieder beide Objekte in einer Hand. Der jetzige Eigentümer Sven-Erik Hitzer hatte die Anwesen 1997 erworben und unterzieht sie einem ausdauernden Sanierungsprozess. Nach der Fertigstellung der Kapelle am Malerweg und dem Freischnitt der Sichtachsen, werden nun Zeit, Geld und Kraft in die weitere Sanierung des Schlosses und die Gestaltung des großzügigen Schlossparks gesteckt.
Wer nach dem Ende der Wandertour noch Lust hat, sollte sich den großzügigen Park etwas näher besehen. Auf einer der zahlreichen Bänke kann man sich dabei zwischen Rosen und Rhododendron entspannen.
Die letzten Wanderschritte sind eine Erholung. Den Start- und Zielpunkt schon vor den Augen, geht es auf einem Feldweg leicht abschüssig dem Finale entgegen. Am Schloss angekommen, wurden ca. 13 Kilometer zurückgelegt und dabei 340 Höhenmeter bewältigt.
Die Anbetung im Schlosspark
Unweit der zentralen Gartenterrasse ist inmitten von Rhododendronbüschen eine fast schon erotisch anmutende Bronzeplastik zu entdecken. Obwohl der direkte Zugang gesperrt ist und eine Beschilderung noch fehlt, ist diese Jugendstilskulptur interessant und sehenswert.
Bei der Plastik handelt es sich um die lebensgroße Figurengruppe „Adoratio – Anbetung“. Ein Jüngling kniet andächtig vor einem schönen, sitzenden Mädchen. Der norwegisch-dänische Bildhauer Stephan Abel Sinding (1846 Trondheim – Paris 1922) hat die erste Version 1907 in Marmor geschaffen. Sie steht in der Bremer Kunsthalle, allerdings nur im Depot. Eine identische Marmorskulptur befindet sich seit 1909 in der Ny Carlsberg Glyptothek in Kopenhagen. Die Plastik im Schlosspark Thürmsdorf ist die einzige in Bronze. Sie soll 1926 den Weg nach Thürmsdorf gefunden haben.
Quelle
[1] Schurz H. Kulturgeschichtlicher Streifzug durch das Bärensteingebiet. Sächsische Gebirgsheimat 1990; Blatt November/Dezember