Wiesen und Berge im Osterzgebirge – die Bienhof-Wanderung
Der Weiler Bienhof im Mordgrundbachtal
Nicht ganz zwei Kilometer von der innereuropäischen Grenze zwischen Deutschland und der Tschechischen Republik entfernt, liegt der kleine Weiler Bienhof. Schon seit 1859 gehören die wenigen Anwesen zur benachbarten Gemeinde Oelsen. Diese ist seit 1996 ein Ortsteil der Stadt Bad Gottleuba-Berggießhübel.
Zwar gehört dieser Teil des Osterzgebirges nicht unbedingt zu den bekanntesten Wandergebieten, landschaftlich sind die unter Naturschutz stehenden Wiesen und Hügel jedoch immer ein Ausflug wert.
Vor ungefähr 15 Jahren besuchte ich die abgeschiedene Gegend schon einmal. Eine Wanderempfehlung von Wolfram Uhlig, aus dessen digitaler Feder viele Wandertouren im sächsischen Raum stammen, mit der Oelsener Höhe (644 m) als Ziel, war damals der Auslöser. Nun habe ich Bienhof als Ausgangspunkt für eine rund zehn Kilometer lange Wanderung gewählt. Meine Rundtour führte mich vom Sächsischen ins Böhmische und wieder zurück. Gemeinsam mit einem jahrzehntelangen Wanderpartner lief ich die Strecke an einem Wochentag. Die Begegnung mit anderen Menschen war somit fast die Ausnahme.
Auf den sommerlichen Wiesen gab es viel zu entdecken und mehrere sonnige Zwischenstopps machten die Tour aufgrund der Kürze der Strecke zu einer entspannenden Übung.
Bienhof bei Oelsen
Die Gegend ist durch die drei Güter Hammergut, Mühlengut und Zechelgut mit der „Klette-Villa“ historisch stark geprägt. Bis 1921 gehörten die drei Anwesen dem Dresdner Oberforstmeister Klette. 1921 verkaufte er die „Klette-Villa“ an den Landesverein Sächsischer Heimatschutz, der wiederum bis zum Jahr 1945 Wiesen und Wälder für eine naturschutzgerechte Bewirtschaftung in sein Eigentum brachte. Dem Verein gehörte Land, welches an die Orte Oelsen, Hellendorf, Bienhof, Gottleuba und Peterswald (Petrovice) grenzte.
Nach 1945 wurde der Landesverein Sächsischer Heimatschutz trotz Widerspruchs der Landesverwaltung Sachsen enteignet. Eine geplante Restitution hatte Ende 1992 keinen Erfolg. So kaufte der Verein ab dieser Zeit systematisch wieder seine Altgebiete und erwarb neue Flächen dazu.
Das enteignete Land wurde teilweise in die neu gegründeten LPGs (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften) eingegliedert und zum Bau des Rückhaltebeckens Mordgrundbach verwendet. Das infolge der Bodenreform verteilte Land nutzten die Neubauern zwar sinnvollerweise zur Beseitigung der Hungersituation in den Nachkriegsjahren, dabei wurden jedoch artenreichen Wiesen umgeackert. Erst ab 1961 änderte sich das wieder, einige Flächen wurden durch den Rat des Kreises Pirna unter Naturschutz gestellt. Durch ehrenamtliche Naturschützer und durch die Einzelinitiative von Professor Sommer (TU Dresden) und seinen Studenten wurden in den 1970er Jahren viele Wiesen wieder gepflegt und naturschutzgerecht bewirtschaftet.
Kurze Geschichte der Bienhof-Güter
Das Hammergut war von 1974 bis 1990 ein Ferienheim des VEB Komplette Chemieanlagen Dresden. Das Objekt glänzte mit Kinderspielplatz, Grillplatz, attraktivem Speisesaal und einer Kegelbahn, was einen hohen Besucherzuspruch fand. Mit den gesellschaftlichen Veränderungen nach 1990 wurde das Hammergut durch die Treuhand reprivatisiert und dient heute als Wohnobjekt.
Das Zechelgut mit der „Klette-Villa“ wurde in den 1950er Jahren teilweise als Altersheim genutzt, später wechselten immer wieder die Besitzer bis es ab 1972 in die Obhut des VEB Mikromat Dresden kam, der es zu einem Kinderferienlager umbaute. Nach 1990 stand die „Klette-Villa“ leer, 1999 ging sie in Privatbesitz über. Die neuen Eigentümer sanierten das Objekt ausdauernd und umfangreich. Durch einen durch Brandstiftung hervorgerufenen Großbrand wurden ihre Bemühungen in der Nacht vom 20. zum 21. Juli 2017 zerstört. Die Aufräumarbeiten und Beseitigung der Brandschäden zogen sich über Jahre hin und sind noch immer nicht abgeschlossen.
Das schon seit 1599 existierende Mühlengut hat eine lange, aber leider nicht immer erfolgreiche Geschichte. Neben dem Mühlenbetrieb, der bis 1955 im Mordgrund betrieben wurde, existiert seit 1834 ein Gasthaus, das „Gasthaus zur Mühle Bienhof“. Der VEB Komplette Chemieanlagen Dresden, der schon im Hammergut ein Ferienheim eingerichtet hatte, kaufte im Jahr 1978 die Mühle, um auch diese als Ferienobjekt auszubauen. Dazu kam es aber nicht mehr. Die letzte Besitzerin und Gaststättenbetreiberin, Frau Frieda Mende, verstarb 1980, das Objekt wurde geschlossen. Heute betreibt die Enkelin der letzten Besitzerin ein Gasthaus welches aktuell immer sonntags geöffnet ist.
Die Rundwanderung
Wir starten am Parkplatz in Bienhof, laufen talauswärts und schon nach einigen Metern zeigt uns der Gelbe Strich an, dass es in Richtung Oelsen bergauf geht. Nach Verlassen der Waldregion erreichen wir den Kulmer Steig, eine alte Kammquerung, und bald auch die Ausläufer von Oelsen. Unsere beiden Wanderziele, die Oelsener Höhe (644 m) und der Špičák (Sattelberg 723 m) auf böhmischer Seite, werden schon angezeigt. Wir folgen der grünen Markierung, die Wege sind unspektakulär.
Die Oelsener Höhe
Die Oelsener Höhe, ein 1978 künstlich angelegter Aussichtspunkt, ist es auch. Dafür gibt es eine schöne Rundsicht. Beim Blick in Richtung Sächsische-Böhmische Schweiz sehen wir viele markante Berge. In südlicher Richtung können wir schon den bewaldeten Sattelberg ausmachen.
Der Špičák (Sattelberg)
Unsere Wanderung geht in diese Richtung weiter. Aus der Asphaltstraße (der ursprüngliche Schönwalder Weg) wird ein Feldweg, später ein Wiesenweg. An der kleinen Waldpassage, in der eine Vielzahl durchnummerierter Grenzsteine stehen, wechseln wir das EU-Land. Wieder geht es über herrliche Sommerwiesen, noch immer befinden wir uns im Naturpark Osterzgebirge, tschechisch „Prirodní park Vychodní Krušné hory“. Der Aufstieg zum Špičák ist mit einem grünen Dreieck markiert und führt am Ende teilweise etwas steil über Basaltwege bis zum Gipfel. Auf diesem empfängt uns neben einem Gipfelkreuz, welches erstmal 1823 und in der jetzigen Form 2004 errichtet wurde, auch viel Aussicht. Akustisch machen sich die Schwerlastnutzer der nahen Autobahn Dresden – Prag (E55 / D8) bemerkbar.
Der Rückweg nach Bienhof
Wir verlassen den Gipfel über den gleichen Weg. In der Mitte der weiten Wiese zweigen wir in östliche Richtung ab, laufen weiter leicht bergab und erreichen die Markierung Roter Strich. An der „Wegkreuzung zum Špičák“ (Tafel 17 des tschechischen Lehrpfades) biegen wir nach links in Richtung Mordgrund ab. Der Weg ist mit dem roten Strich erstklassig markiert, es geht fast nur noch bergab.
Aber Achtung, eine knifflige Stelle gibt es noch. Erreicht der Weg eine größere Brücke, müssen wir aufpassen. Diese sollte nicht überschritten werden, sonst geht es wieder bergan und letztendlich landen wir in Petrovice (Peterswald). Links neben der Brücke suchen wir uns einen kleinen Pfad und erreichen wenige Meter danach die Grenzsteine 6/15 und 6/16. In deren Nähe überquert ein kleiner Steg den Grenzbach (Hraniční potok). Sind wir trockenen Fußes auf der deutschen Seite gelandet, können wir die Wanderung ganz bequem bis zum Ausgangspunkt zu Ende marschieren.