Gut und Schloss Jahnishausen
Gut und Schloss Jahnishausen
Vor reichlich 8 Jahren besuchte ich das südwestlich von Riesa gelegene Gut Jahnishausen. Mein Ziel war eine Informationsveranstaltung der „Lebenstraum Gemeinschaft Jahnishausen“. In einer zweistündigen Veranstaltung stellten einige Mitglieder der Genossenschaft das Gemeinschaftsleben der im Jahr 2001 gegründeten Lebenstraum Gemeinschaft vor. Obwohl auch ein kleiner Rundgang durch das ehemalige Rittergut und den angrenzenden Schlosspark Teil dieses offenen Samstages war, lag der Schwerpunkt des Informationsnachmittags auf der Präsentation des generationsübergreifenden Wohnprojektes.
Da ich mich später nicht für diese Lebensform entschieden habe, geriet Jahnishausen bei mir etwas in den Hintergrund. Nun habe ich gelesen, dass der im Objekt angesiedelte Verein Accademia Dantesca Jahnishausen von April bis Oktober Schlossführungen anbietet. Das war die Aufforderung und Gelegenheit für mich, dem Gut, dem Schloss und dem Schlosspark wieder einen Besuch abzustatten.
Lebenstraum Gemeinschaft Jahnishausen
Im Dezember 2001 ersteigerte die Genossenschaft Gut Jahnishausen e.G., deren sieben Gründungsmitglieder ausschließlich Frauen waren, das ca. 3,5 Hektar große Gelände am Schlosspark. Das Hofgelände des ehemaligen Rittergutes Jahnishausen, die noch vorhandenen Gebäude und das unter Denkmalschutz stehende Schloss waren zu diesem Zeitpunkt in einem desolaten Zustand. Die neuen Besitzer wussten, viel Kraft, Zeit, Ausdauer und natürlich Geld würden nötig sein, um aus den Ruinen Wohnungen und Gemeinschaftsräume für ein genossenschaftliches Wohnprojekt zu schaffen, das jüngere und ältere Altersgruppen in einer gemeinschaftlichen, naturverbundenen Lebensweise vereinen soll.
Auch wenn die Nachbarschaft anfangs mit den neuen Rittergutsbesitzern wenig anfangen konnte, „das ist bestimmt eine Sekte von reichen Wessis“, gingen die Genossenschaftsmitglieder zielstrebig ihren Weg.
Größte Priorität hatte die Bereitstellung von Wohnraum für die ersten und künftigen Bewohner. So wurde das Schloss bei den Planungen zunächst überhaupt nicht beachtet, auch wenn der 2003 gegründete Kulturverein Accademia Dantesca Jahnishausen e.V. das Objekt als zukünftige Begegnungsstätte sah.
Am 16. Oktober 2017 übernahm der Verein schließlich das Schloss in Erbpacht von der Genossenschaft Gut Jahnishausen. Somit konnten die geplanten Sanierungen mit bisher offenem Ende beginnen.
Schloss Jahnishausen
Wie bei kleinen Rittergütern und Schlössern üblich, reicht deren Geschichte weit zurück, wechselten die Eigentümer häufig und wurden die baulichen Zustände spätestens nach 1945 oftmals nicht besser. Die Geschichte von Schloss Jahnishausen wird auf der Internetseite des Vereins Accademia Dantesca Jahnishausen sehr umfangreich, aber trotzdem übersichtlich dokumentiert. In vier Phasen eingeteilt, werden dem interessierten Leser viele historische Beschreibungen und Bilder angeboten, welche mit dem Zeitraum „2001 bis heute“ auch Bezug zu den aktuellen Veränderungen und Ereignissen haben.
Aus der langen Liste der Schlossbesitzer der Vergangenheit ist vielleicht einer etwas mehr hervorzuheben. Es handelt sich um Prinz Johann von Sachsen (1801 – 1873), ab 1854 König Johann. Dresdner und Dresdenbesucher können ihm in Form seines Reiterstandbildes, geschaffen von Johannes Schilling (1828 – 1910), auf dem Theaterplatz in Dresden begegnen.
Was ist so interessant an Johann, dem Prinzen und dem König?
Mit privaten Mitteln kaufte er als Prinz 1824 das Rittergut Jahnishausen. Dieser Vorgang sollte noch Folgen haben. Hier verbrachte er und seine Frau Amalie Auguste von Sachsen (1801 – 1877) viele Sommermonate. In diesem ländlichen Ambiente konnte er seinen Interessen nachgehen. Dazu zählten neben der Beschäftigung mit der Dichtung Dante Alighieris und deren Übersetzung, auch die Gründung des Gesprächskreises Accademia Dantesca, indem sich bedeutender Literaten und Künstler der Zeit austauschten.
Nachdem Tod von König Johann wurde das Anwesen innerhalb der Wettiner vererbt oder testamentarisch übertragen, blieb aber immer Privatbesitz. Daran konnte auch die staatliche Anordnung des neu gegründeten Freistaates Sachsen, dass aller Besitz des „vormaligen königlichen Hauses“ beschlagnahmt sei, nach 1918 nichts ändern. Das war der Vorteil des Privatkaufes von Prinz Johann.
Erst durch die entschädigungslose Enteignung im Jahr 1945 wurde das Rittergut in ein Staats- und Volksgut umgewandelt. In den folgenden Jahren wurden die Gebäude als Kindergarten, Kinderhort, Bibliothek und zu Wohnzwecken genutzt. Durch einen Brand in der Nacht vor Silvester 1969 im Ostflügel des Schlosses und die damit verbundene schwere Beschädigung, war das Schicksal des Schlossgebäudes besiegelt. Es wurde aufgegeben und verfiel zur Ruine – bis 2017. Ende 2017 konnten endlich die längst überfälligen Restaurierungs- und Sanierungsarbeiten unter der Leitung des Vereins Accademia Dantesca Jahnishausen e.V. beginnen.
Die Schlossführung
Bei meiner Schlossführung im August 2024 sah ich kein Prunkschloss, indem mir goldene Tapeten, königliche Jagdtrophäen, herrschaftlicher Schmuck oder von den adligen Vorbesitzern zusammengekaufte Kunstwerke gezeigt wurden. In der reichlich einstündigen, kostenlosen Führung wurde uns Besuchern eine Dauerbaustelle gezeigt. Wir hatten Zugang zu fast allen Räumen und konnten so das Ausmaß erahnen, was bisher geleistet wurde und was alles noch nötig sein wird. Zwischen neu eingezogenen Dachbalken, ehemaligen Wandmalereien, uralten Elektroleitungen und vielen offenen Wandbereichen hat der Verein eine Vielzahl von Fotos und Informationstafeln angebracht. Diese ergänzen die mündliche Führung.
Dank der großen Initiativen der Vereinsmitglieder von Accademia Dantesca Jahnishausen und ihren professionellen und freiwilligen Helfern, entsteht das Schloss Jahnishausen rund 200 Jahre nach der Übernahme durch die Wettiner wieder fast neu. Wann es der Allgemeinheit für Kunst und Kultur zur Verfügung stehen wird, ist noch ungewiss. Das es aber mal sein wird, darüber sind sich die Jahnishausener einig.
Der Schlosspark
Der angrenzende Schlosspark, der im Gegensatz zum Gutshof frei zugänglich ist, zeigt sich in einem sehr angenehmen und intakten Zustand. Die schattigen Wege entlang eines breiten Wassergrabens, dem Wal, laden zu einem kleinen Spaziergang ein. Zwischen Chinesischem Pavillon (2008/2009 wiederhergestellt) und den Kellerbergen gibt es einiges zu entdecken.
Der jetzige Parkzustand ist jedoch nicht vom Himmel gefallen. Durch die ausdauernde Vereinsarbeit und unter Mithilfe von Freiwilligen wurden Sichtachsen freigeschnitten und verschollene Parkwege wieder angelegt. Dafür dienen auch die jährlichen Parkseminare, dessen erstes im Oktober 2022 stattfand.